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ID:43333
Type:U/Judgements
Cite:LG Berlin, Urteil, nicht rechtskräftig from 12/03/2008, Ref. 23 O 503/07, VuR; ZIP 2009, 657-659 (red. Leitsatz und Gründe); ZfIR 2009, 302-303 (red. Leitsatz)
Area:zyVuR/VuR Verbraucher und Recht Zeitschrift für Verbraucher und Unternehmen; CB/Immobilienfinanzierer: Hypothekenbanken, Bausparkassen(LBS + private
Keywords:Schadensersatz; Pflichtverletzung; Immobilienfonds,geschlossene
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Reference:23 O 503/07
Court:LG Berlin
State:Urteil, nicht rechtskräftig
Date of judgment:12/03/2008
Found at:VuR; ZIP 2009, 657-659 (red. Leitsatz und Gründe); ZfIR 2009, 302-303 (red. Leitsatz)
Norm:Art 249 Abs 3 EG
Fulltext:T e n o r

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin macht einen Schadensersatzanspruch wegen behaupteter unzureichender Umsetzung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen geltend.

Die Klägerin unterzeichnete am 17.11.1995 eine Beitrittserklärung zu der... und Partner Immobilienfonds KG in Höhe von 20.000 DM zzgl. Agio, wobei die Beteiligungssumme finanziert werden sollte. Ebenfalls am 17.11.1995 unterzeichnete die Klägerin einen Antrag auf Abschluss eines Bausparvertrages mit der... Bausparkasse AG (...) über 22.000 DM. Für den Inhalt dieser Erklärung wird auf den als Anlage K 3 vorgelegten Antrag Bezug genommen. Den von der... daraufhin vorbereiteten Darlehensvertrag vom 4.12.1995 über ein Bausparsofortdarlehen und ein Bauspardarlehen über 21.220 DM unterzeichnete die Klägerin am 12.12.1995. Nach Punkt A) Ziff. III und B) Ziff. III des Darlehensvertrages sollte das Darlehen durch Abtretung des Fondsanteils an der... und Partner Immobilienfonds KG, eine zugunsten der B am Fondgrundstück einzutragende Grundschuld, das Guthaben des vorfinanzierten Bausparvertrages sowie Lohn- und Gehaltsabtretung gesichert werden.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.05.2002 den Widerruf des Darlehensvertrages. Dies wies die B mit Schreiben vom 31.05.2002 zurück.

Die Klägerin behauptet, die Vermittlung sei durch Herrn W erfolgt, der sie Anfang November 1995 angerufen und einen Beratungstermin in ihrer Wohnung angeboten habe. Am 17. November 1997 habe Herr Weiß sie in ihrer Wohnung aufgesucht und den Erwerb eines Immobilienfondsanteils der Fa.... und Partner angeboten. Dabei handele es sich um eine "todsichere Sache", da der Fondsanteil jederzeit kündbar sei und die Mieteinnahmen gesichert seien.

Bei diesem Termin habe Herr W auch den Darlehensantrag an die B präsentiert und gesagt, dass dieser zu dem Gesamtpaket gehöre und ebenfalls unterzeichnet werden müsse. Auf Nachfrage der Klägerin habe Herr W erklärt, er sei berechtigt, Geschäfte für die B abzuschließen, schließlich habe er das Darlehensformular von der B zur Vermittlung der Finanzierung erhalten. Der Antrag müsse nur unterschrieben werden, er werde diesen an die B weiterleiten. Die Kreditunterlagen würden dann zugesandt. Die Klägerin habe daraufhin den Darlehensantrag unterzeichnet. Sie sei von der B nicht über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden.

Die Klägerin behauptet weiter, der Kredit sei auch durch die Gesamtgrundschuld grundpfandrechtlich gesichert, die im Grundbuch von B. Blatt..., Abteilung III eingetragen sei.

Der Fondsbeitritt sei von der... und Partner Immobilienfonds KG am 21.12.1995 gegengezeichnet worden. Der Verkehrswert der Beteiligung betrage 0,00 Euro, weil sie mangels funktionierenden Zweitmarktes für derartige Beteiligungen unverkäuflich sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe wegen unzureichender Umsetzung von Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Schadensersatzanspruch zu, weil sie nach nationalem Recht das Risiko der erworbenen Anlage und der Darlehensverwendung nach Widerruf nicht mehr auf die Bank verlagern könne, was gemeinschaftsrechtswidrig sei. Der Schaden bestehe jedenfalls in der Höhe des gewährten Darlehens.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.849,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass sie nach dem Widerruf des Darlehensvertrages mit der B ... Bausparkasse AG vom 4.12.1995 mit den Risiken der am 17.11.1995 unterzeichneten Beitrittserklärung zu der... Wohnbesitz-Anteile Kommanditgesellschaft.. belastet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet, die subjektiven Voraussetzungen hierzu hätten spätestens im Mai 2002 vorgelegen. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Originalurkunde des Darlehensvertrages vom 4.12./12.12.1995 keine Widerrufsbelehrung enthielt, dass die Klägerin den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen hätte, dass die im Grundbuch von B. Blatt..., Abteilung III, eingetragenen Grundschulden in irgendeinem Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag mit der Klägerin stehen und dass der Darlehensvertrag in einer Haustürsituation unterzeichnet wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:


Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die mit dem Klageantrag zu 2. verfolgte Feststellungsklage genügt den Erfordernissen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nach § 256 Abs. l ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Klägerin den von ihr geltend gemachten Schaden noch nicht abschließend beziffern kann.

In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg, da die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruches, der seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht selbst findet (vgl. BGH NJW 1997, 123, 124 f.), bereits nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin nicht vorliegen.

Ein gemeinschaftsrechtlicher Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass das durch die Richtlinie vorgeschriebene Ziel die Verleihung von Rechten, deren Inhalt auf der Grundlage der Richtlinie bestimmt werden kann, an Einzelne beinhaltet, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat auferlegte Verpflichtung und dem Schaden des Geschädigten besteht (vgl. EuGH NJW 1992,165, 167 -Francovich I; NJW 1996, 1267, 1269 f. - Brasserie du Pecheur; NJW 1996, 3141 f. - Dillenkofer; NJW 2003, 3529, 3541 - Köbler; Slg. 1996 l, 1631 ff. - British Telecom).

Die Frage, ob die Umsetzung in nationales Recht für den Fall eines Realkreditvertrages bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung in bestimmten Konstellationen gegen die Richtlinie 85/577/EWG verstößt und ein möglicher Verstoß hinreichend qualifiziert im Sinne der Rechtsprechung ist, kann offen bleiben. Denn es fehlt bei der Klägerin an einem durch eine mögliche Pflichtverletzung bei der Umsetzung kausal verursachten Schaden.

Nach ihrem eigenen Sachvortrag hat die Klägerin bereits am 17.11.1995 und damit vor Abschluss des Darlehensvertrages mit der B bindend nach § 145 BGB ihren Beitritt zur... und Partner Immobilienfonds KG erklärt. Auf die Annahmeerklärung durch die Fondgesellschaft vom 21.12.1995 - die insoweit zugunsten der Klägerin als tatsächlich erfolgt unterstellt werden kann - kommt es hinsichtlich der Bindungswirkung für die Klägerin gerade nicht an. Der Darlehensvertrag ist erst durch die am 12.12.1995 von der Klägerin vorgenommene Unterzeichnung des Darlehensangebotes der B vom 4.12.1995 wirksam geschlossen worden. Der Darlehensantrag der Klägerin vom 17.11.1995 enthielt wesentliche Vertragsbestandteile wie den Zinssatz etc. nicht, so dass er lediglich als invitatio ad offerendum, nicht aber als wirksames und damit zumindest zeitgleich mit dem zu finanzierenden Geschäft bindend abgegebenes Vertragsangebot angesehen werden kann.

Durch einen Widerruf des Darlehensvertrages hätte die Klägerin daher zwar den Abfluss der Darlehensvaluta verhindern können, sie wäre jedoch trotzdem an ihre Beitrittserklärung zum Immobilienfonds gebunden geblieben und hätte die Finanzierung gegebenenfalls auf andere Weise herbeiführen müssen.

Dass der Verbraucher in Deutschland keine Möglichkeit hat, das mit der finanzierten
Kapitalanlage verbundene Risiko unabhängig von der zeitlichen Abfolge von Kreditvertrag und Anlagegeschäft auf die finanzierende Bank abzuwälzen, stellt nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 85/577/EWG dar.

Die Richtlinie 85/577/EWG verpflichtet die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit der Verbraucher nicht die mit der finanzierten Kapitalanlage verbundenen Risiken zu tragen hat, wenn er es bei rechtzeitiger Belehrung hätte vermeiden können, sich diesen Risiken auszusetzen (vgl. EuGH NJW 2005, 3551, 3554 - Schulte/Badenia; EuGH NJW 2005, 3555 - Crailsheimer Volksbank). Dies kann nach der hieran anschließenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 2006, 2099, 2101 ff.) nach geltendem nationalen Recht nur dadurch geschehen, dass ein Anspruch des Verbrauchers aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die Bank wegen Verletzung der Pflicht zur Belehrung angenommen wird. Ein solcher Anspruch kommt aber nicht in Betracht, wenn der Verbraucher - wie hier die Klägerin - zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages bereits an das zu finanzierende Geschäft gebunden war, da er es dann auch bei Belehrung über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht hätte vermeiden können, sich den Anlagerisiken auszusetzen (vgl. BGH NJW 2006, 2099, 2103; NJW 2007, 361, 363).

Der Europäische Gerichtshof hat in dem Rechtsstreit S/B offensichtlich gerade wegen der zeitlichen Abfolge in Rn. 97 seines Urteils (NJW 2005, 3551, 3554) ausgeführt, dass dann, wenn sich die Anleger nach Belehrung innerhalb der Widerrufsfrist zum Widerruf entschlossen hätten, "in Anbetracht des Verhältnisses zwischen dem Darlehens- und dem Kaufvertrag Letzterer nicht zu Stande gekommen wäre". Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil "Crailsheimer Volksbank" (NJW 2005, 3555) stehen dem nicht entgegen. Zwar trifft es zu, dass in einem der Fälle des dortigen Ausgangsrechtsstreits der Darlehensvertrag nach dem notariellen Kaufvertrag geschlossen wurde (vgl. OLG Bremen NJW 2004, 2238, 2339). Dass der Europäische Gerichtshof hierauf nicht weiter eingegangen ist und die zeitlichen Abläufe in seinem Urteil nicht detailliert referiert hat, rechtfertigt nicht die Annahme, dass es auf die zeitliche Reihenfolge nicht ankäme. Der Europäische Gerichtshof entscheidet nicht über Sachverhalte, die zur Zuständigkeit der nationalen Gerichte gehören, sondern insbesondere über die Auslegung europäischen Rechts (vgl. Art. 234 Abs. l EG). Es ist Sache der nationalen Gerichte, das europäische Recht unter Berücksichtigung der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf den Einzelfall anzuwenden. Beschränkt sich der Europäische Gerichtshof in einem Urteil auf seine Kernfunktion und vermeidet er es, im Einzelnen auf den konkreten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens einzugehen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass es auf die entsprechenden Einzelheiten des Ausgangsverfahrens nicht ankäme.

Auch die Argumente der Klägerin, dass die zeitliche Abfolge der Vertragsschlüsse meist zufällig sei und die Richtlinie 85/577/EWG gerade keine Verbindung zwischen Kauf und Darlehensvertrag vorsehe, greifen nicht durch. Ein Verbraucher, der bereits einen Wohnungskaufvertrag oder eine Fondsbeteiligung abgeschlossen hat, kann auch nach Belehrung mit dem Widerruf des Darlehensvertrages zwar diesen Vertrag zu Fall bringen, was aber nichts daran ändert, dass er bindende finanzielle Verpflichtungen eingegangen ist, die er häufig nur über eine Finanzierung wird erfüllen können.

Andere Anspruchsgrundlagen scheiden aus, da dem nationalen Recht zivilrechtliche Ansprüche des Bürgers wegen gesetzgeberischen Fehlverhaltens unbekannt sind - insbesondere ergeben sich aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG oder aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs keine entsprechenden Ansprüche (vgl. BGH NJW 1997, 123 f.; BGH NVwZ 1993, 601 f. je m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. l S. l ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. l und 2 ZPO.
Vertragsschluss:00/00/0000
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 29/06/09. Last changed: 24/07/09.
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