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ID:43059
Type:U/Judgements
Cite:LG Frankfurt a.M., Urteil from 05/13/2009, Ref. 2-02 O 3/09, iff-intern
Area:BG/Geschäftsbanken, Investmentbanken, Privatbanken, BdB; KV/Konsumenten-, Raten-, Kontoüberziehungskredite, Pfandleihe; ZG/Current account
Keywords:AGB; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Überweisungen; Gebühren
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Reference:2-02 O 3/09
Court:LG Frankfurt a.M.
State:Urteil
Date of judgment:05/13/2009
Found at:iff-intern
Norm:§ 1 UKlaG; §§ 307 ff. BGB
Fulltext:In dem Rechtsstreit

Verbraucherzentrale Hamburg e.V.,

- Klägerin -

gegen

Commerzbank AG,

- Beklagte -

hat das Landgericht Frankfurt am Main – 2. Zivilkammer –

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2009 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgelds bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im Geschäftsbetrieb für Dienstleistungen mit privaten Kunden die folgenden oder inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden:

Kapitel A.I.8.: „Entgelte für vom Kunden veranlasste Verfügungen über den Guthabensaldo oder das eingeräumte Limit hinaus, wenn sie zu einer Überziehung führen, pro Posten 5,00 EUR“.

Kapitel A I.2.: „Übermittlung des Kontoauszuges (pro Vorgang, ohne Porto) – Abruf am Bankterminal pro Monat 0,51 EUR“.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 214,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.02.09 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.


T a t b e s t a n d

Der Kläger ist ein in die Liste gem. § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverein. Die beklagte Bank verwendete das vom Kläger auszugsweise vorgelegte Preis- und Leistungsverzeichnis (Anlage K2 Bl. 10 ff d.A.), das nunmehr in geänderter Form im Verkehr mit Privatkunden vereinbart wird (Anlage K 5 Bl. 19 ff d.A.). Unter Ziffer I 8 beider Fassungen ist geregelt, dass das Entgelt für vom Kunden veranlasste Verfügungen über den Guthabensaldo oder das eingeräumte Limit hinaus pro Posten 5,- beträgt. Zu den dort genannten Verfügungen zählt die Beklagte auch im Einziehungsermächtigungsverfahren und Abbuchungsverfahren getätigte Überweisungen. Unter Ziffer A I 1 heißt es, dass mit der monatlich zu zahlenden Kontoführungspauschale (u.a.) die Ausführungen von Euro-Überweisungen und Daueraufträgen sowie der Kontoauszug am Bankterminal abgegolten sind. In Ziffer I 2 heißt es unter der Überschrift „Übermittlung des Kontoauszugs (pro Vorgang…)“ u.a., dass für den Abruf am Bankterminal pro Monat 0,51 EUR verlangt werden. Diese Klausel wurde in der Neufassung weggelassen.

Der klagende Verein behauptet, die Beklagte verlange ein zusätzliches Entgelt für Verfügungen, die zu einer Kontoüberziehung führen, obwohl sie bei deren Ausführung nicht immer eine zusätzliche Leistung erbringe. Wie es bankenüblich sei, räume die Beklagte intern den Kunden über das eingeräumte Limit hinaus eine zweite Grenze ein, bis zu der Überziehungen automatisch geduldet werden, ohne dass eine individuelle Prüfung durch Bankangestellte erfolge. Selbst wenn sie eine individuelle Prüfung vornehme, sei dies nur eine im eigenen Interesse ausgeübte Tätigkeit, nämlich die Prüfung der Bonität ihrer Kunden. Nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung sei die Klausel unangemessen, weil damit kein Entgelt für eine Leistung verlangt werde, die im Interesse des Verbrauchers liege.

Ferner verlangt der klagende Verein Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche Abmahnung der Beklagten in Höhe von 214,-.

Der Kläger beantragt,
wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Sie beruft sich darauf, bei der beanstandeten Klausel handle es sich um eine Preisvereinbarung, die keiner Kontrolle gem. §§ 307 ff BGB unterliege. Damit sei vereinbart, dass zusätzlich zu den vereinbarten Kosten für die Kontoführung bei Kontoüberziehung ein Entgelt von 5,- für jede Durchführung einer Überweisung zu zahlen ist. Sehe man in der Gebühr neben den vereinbarten Zinsen eine weitere Gegenleistung für die Duldung der Überziehung, liege darin ebenfalls eine nicht der Inhaltskontrolle unterliegende Preisvereinbarung, nämlich ein Entgelt für die erstmalige Verschaffung des mit der Überziehung gewährten Darlehens oder für die fortdauernde Belassung der Darlehensvaluta neben den Zinsen. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit liege im Interesse des Kunden, weil er sonst keinen Kredit erhalte. Sie behauptet, sie arbeite nicht mit sog. Schattenlimits. Bei jeder Verfügung über das dem Kunden bekanntgegebene Limit hinaus erfolge eine manuelle Prüfung (Beweis: Zeugin K. T).

Die Klausel, wonach der Abruf 0,51 EUR koste, sei nie angewendet worden, weil dieser Vorgang mit der Monatspauschale für Kontoführung abgegolten werde. Ein aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr erkenne bei einer Gesamtschau, dass sich für diesen Posten kein Anwendungsbereich eröffne und er nicht in Rechnung gestellt werden könne. Da sie ihr Preisverzeichnis geändert und eine Unterlassungserklärung abgegeben habe, sei unter den gegebenen Umständen ein gelegentliches Zuwiderhandeln nicht zu erwarten. Ein Sanktionsdruck durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sei deshalb nicht erforderlich. Da sie die Gebühr nie verlangt habe, entfalle schon begrifflich eine „Wiederholungsgefahr“.


E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E


Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu (§§ 1 UKlaG, 307 ff. BGB).

Geht man mit der Beklagten davon aus, dass vor jeder Überziehung eine teure individuelle Prüfung der Kreditwürdigkeit des Kunden erfolgt, verlangt sie der Sache nach unter Ziffer 8 pauschalen Ersatz für ihre Aufwendungen anlässlich einer Bonitätsprüfung vor einer Kreditgewährung und entgegen dem Wortlaut der Klausel eben kein Entgelt für die Ausführung einer Überweisung. Aus dem Verfahren LG Frankfurt a/M Az.: 2-2 O 51/09 ist gerichtsbekannt, dass diese Klausel zuvor im Preisverzeichnis unter Sonderleistungen im Kreditgeschäft, Kreditbearbeitung aufgeführt und erst auf eine Abmahnung einer Verbraucherzentrale hin nunmehr unter Ziffer 8 verwendet wird. Durch diese Verschiebung hat sich inhaltlich nichts geändert. Dadurch wird verschleiert, dass es sich um eine der Kontrolle unterliegende Preisnebenabrede handelt und nicht um ein Zusatzentgelt für eine Sonderleistung. Gegen die Annahme einer Sonderleistung spricht auch die Beschreibung der mit der Kontoführungspauschale abgegoltenen Leistungen. Dazu sollen alle Euro-Überweisungen gehören. Teil davon sind aber auch Überweisungen, die zu einer Kontoüberziehung führen. Ein weiteres Entgelt wie bei den telefonisch erteilten Überweisungsaufträgen behält sich die Beklagte bei Überziehungen an dieser Stelle gerade nicht vor. Hierfür ein Entgelt zu verlangen, ist auch fernliegend. Die Beklagte trägt vor, dass sie hohe Aufwendungen durch die Bonitätsprüfung hat, aber nicht, dass die Ausführung des Überweisungsauftrages nach der Prüfung besonders aufwendig ist. Die vorgenommene Prüfung, ob die Überziehung geduldet wird, ist keine Dienstleistung für den Kunden, sondern dient den Vermögensinteressen der Beklagten. Der Verbraucher ist an einer derartigen Prüfung nicht interessiert, da er befürchten muss, dass die Prüfung negativ ausfällt und die Überziehung dann nicht geduldet wird. Nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen schon im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung aller Rechtssuchenden kein Anlass besteht, sind derartige Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen (BGH NJW 05, 1645; BGH Z 137, 43; BGH WM 97, 2300). Selbst die Annahme der Beklagten, dass jedenfalls die geduldete Überziehung als solche immer im Interesse der Verbrauchers liegt und damit mittelbar als Folge davon auch die Bonitätsprüfung, trifft nicht in allen Fällen zu. Bei Verzug zahlt der Verbraucher an seinen Gläubiger in der Regel nur den gesetzlichen Zinssatz; an die Beklagte muss er einen wesentlich höheren Zins zahlen. Zahlt die Beklagte auf eine Lastschrift eines Gläubigers des Verbrauchers hin, kommt die Umschuldung dem Gläubiger zugute. Die Möglichkeit, der Abbuchung zu widersprechen, ändert an der gegebenen Interessenverteilung nichts. Durch eine von der Beklagten genehmigte Überziehung kann zwar die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses des Verbrauchers vermieden werden. Ob dies aber für ihn ein Vorteil ist oder ob die drohende Kündigung des Girovertrages, wenn die Rückführung der Überziehung nicht gelingt, nicht gravierender ist, lässt sich nicht in allen denkbaren Fällen im Sinne der Beklagten beantworten. Die Klausel lässt sich nicht dadurch rechtfertigen, dass die Kosten ansonsten auf die allgemeinen Kontoführungskosten und damit auf alle Kunden der Beklagten umgelegt werden müssten und nicht nur von denjenigen getragen werden, die sie verursachen. In den obengenannten Entscheidungen stellt der Bundesgerichtshof gerade nicht auf das Verursacherprinzip ab. Auch die Beklagte tut dies in ihrer Preisliste nicht. Die Höhe der den Kunden in Rechnung gestellten Kontoführungskosten ergibt sich in erster Linie nicht aus der Höhe der Kosten, sondern daraus, welche Summe am Markt durchsetzbar ist. Um Kunden zu gewinnen, führt die Beklagte Konten auch unentgeltlich, ohne ihnen die durch sie verursachten Kosten in Rechnung zu stellen.

Im Übrigen wäre die Klausel als Entgelt für die Ausführung der Überweisung auch als unangemessen zu bewerten, weil sie dann überraschend und damit intransparent ist (§ 307 BGB). Aus Ziffer A I 1 ergibt sich, dass als Gegenleistung für die Monatspauschale uneingeschränkt Euro-Überweisungen ausgeführt werden. Überweisungen, zu denen die Beklagte wegen Überschreitung des Guthabens oder des Kreditlimits nicht verpflichtet ist, werden nicht ausgenommen. Ein Verbraucher muss nicht damit rechnen, dass er doch an anderer Stelle eine Entgeltverpflichtung für die von ihm veranlassten Verfügungen über sein Konto eingehen soll, mit der eigentlich der Aufwand für eine Bonitätsprüfung abgegolten werden soll.

Nach Inhalt und Aufbau der Geschäftsbedingungen kann auch keine Rede davon sein, dass die Gebühr für die erstmalige Verschaffung/Beischaffung des Darlehens verlangt wird, vergleichbar etwa der Anfahrpauschale eines Handwerkers, wie die Beklagte meint. Der Wortlaut der Vertragsbedingungen gibt dafür nichts her. Die Umstände sprechen dagegen, dass dies von der Beklagten für den Verbraucher erkennbar so gemeint gewesen war. Ihrem Vortrag zufolge fallen die Kosten, die durch die Zahlung des Verbrauchers ausgeglichen werden sollen, nicht dadurch an, dass besonderer Aufwand getrieben werden muss, um Geld für die Kreditgewährung aufzutreiben oder für die Einrichtung eines Kontos, um die Überziehung vornehmen zu können.

Erst recht nicht kann angenommen werden, dass es sich bei der Gebühr um ein weiteres Entgelt neben den Überziehungszinsen dafür handelt, dass dem Kunden Darlehensvaluta belassen wird. Das höhere Risiko der Beklagten wird durch höhere zinsen abgegolten. Die Berücksichtigung der Gebühr als weiteres Entgelt für die Darlehensgewährung würde zu unsinnigen Ergebnissen führen. Den Vertragsbedingungen zufolge wird die Gebühr von 5,- auch durch eine geringfügige Überziehung für kurze Zeit ausgelöst. Gerät beispielsweise ein Kontoinhaber durch einen Überweisungsauftrag um einen Cent über sein Kreditlimit hinaus und füllt er sein Girokonto kurze Zeit danach wieder auf, führt die Berücksichtigung der Gebühr neben dem vereinbarten Zins zu einem grotesk hohen Effektivzins. Überzieht ein Kunde dagegen für längere Zeit um einen höheren Betrag, fällt die Gebühr dagegen viel geringer ins Gewicht. Als absoluter Wert steht sie in keinem sachgerechten Verhältnis zur Höhe und Dauer des Darlehens. Es ist nicht anzunehmen, dass die Beklagte unsinnige Regeln vereinbaren wollte.

Die Klausel: Abruf am Bankterminal – 0,51 EUR darf die Beklagte ebenfalls nicht mehr verwenden. Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist die Klausel so zu verstehen, dass die Beklagte über die Kontoführungspauschale hinaus als Sonderleistung für einen Kontoauszug eine Gebühr erheben will, obwohl sie zuvor ankündigt, dies sei mit der Monatspauschale abgegolten. Diese Auslegung entspricht dem Verständnis der Beklagten betreffend die Klausel über die Gebühr bei einer zu einer Überziehung führenden Verfügung. Obwohl sie zuvor angibt, mit der Kontoführungspauschale seien alle Überweisungen abgegolten, ist sie der Auffassung, an anderer Stele der Preisliste diese Leistung bei Überziehung gesondert berechnen zu dürfen. Mit einer Gebühr für einen Kontoauszug würde sie Bezahlung einer Leistung verlangen, zu der sie auch ohne vertragliche Vereinbarung gesetzlich verpflichtet wäre. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zulässig (BGHZ 114, 330). Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfällt nicht, wenn die Beklagte die Gebühr nie verlangt hat. Der Unterlassungsanspruch knüpft nicht an eine Gebührenerhebung, sondern an die in der Vergangenheit erfolgte Verwendung einer derartigen Klausel an, die eine Wiederholung vermuten lässt.

Auch wenn es sich bei dem Abdruck der Klausel um ein redaktionelles Versehen gehandelt haben dürfte und nicht die Absicht bestand, diese Gebühr tatsächlich zu erheben, ist durch die Absichtserklärung, die Klausel nicht zu verwenden, die Gefahr eines erneuten Fehlers nicht gebannt. Da die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, fehlt ein Anreiz zu besonders sorgfältigem Verhalten, um in Zukunft solche Pannen zu vermeiden. Die Möglichkeit eines erneuten Versehens ist gerade kein Motiv, keine Vertragsstrafe für diesen Fall zu vereinbaren.

Der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Abmahnung, die in angemessener Höhe geltend gemacht werden, steht dem Kläger zu (§ 12 I UWG, § 5 UKlaG). Die Zinsforderung hierfür ist gem. §§ 291, 288 BGB begründet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 709 ZPO.
Vertragsschluss:00/00/0000
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 12/06/09. Last changed: 12/06/09.
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