FIS Money Advice
 
  
           
 
  
Your Request:
ID(36623)[Back] [Next] [Edit request]
Result No. 1 / 1:
ID:36623
Type:U/Judgements
Cite:OLG Bremen, Urteil, rechtskräftig from 12/22/2005, Ref. 2 U 67/05, iff-intern
Area:BA/Kreditinstitute,insgesamt - Finanzkonzerne, Zentralbanken, Staatsbanken; BS/Sparkassen, Landesbanken, DSGV
Keywords:Kreditinstitute; Sparkassen; Girokonto,jedermann; Girokonten; Selbstverpflichtung
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Reference:2 U 67/05
Court:OLG Bremen
State:Urteil, rechtskräftig
Date of judgment:12/22/2005
Found at:iff-intern
Norm:BGB § 676f;§ 780;§ 328
Fulltext:Gründe:

1. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Einrichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto, welches ihm 2003 wegen Überschreitens der Kreditlinie fristlos gekündigt wurde. Die Verbindlichkeiten hieraus sind mittlerweile getilgt.

Nach Rechtshängigkeit hat mit Beschluss vom 07.10.2004 das Amtsgericht Bremen, Insolvenzgericht, im Verfahren über den Antrag des Klägers auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens u.a. angeordnet, dass dieser pfändbares Geld auf einem gesonderten Bankkonto zu hatten- habe, welches mit einem Sperrvermerk in der Weise einzurichten sei, dass Verfügungen nur mit Zustimmung des lnsolvenzgerichts erfolgten dürften.

Der Kläger hat in erster Instanz die Ansicht vertreten und näher erläutert, dass er Anspruch auf Einrichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis nach Maßgabe der Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) aus Juni 1995 habe.

Die Beklagte hat insbesondere im Hinblick auf die fristlose Kündigung des Girokontos sowie aufgrund von zwei ihr gegenüber ausgesprochenen Pfändungen aus 1997 und 2001 die erneute Einrichtung eines Girokontos abgelehnt.

Das Landgericht Bremen, 2. Zivilkammer, hat mit Urteil vom 16. Juni 2005 die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein Girokonto auf Guthabenbasis einzurichten. Dieser Anspruch ergebe sich aus den §§ 780, 328 BGB. Die freiwillige Empfehlung des ZKA sei eine verbindliche Willenserklärung, die durch das Einverständnis des Gesetzgebers als abstraktes Schuldversprechen in Form eines Vertrages zugunsten Dritter wirke. Die Beklagte habe sich diese Selbstverpflichtung zurechnen zu lassen, denn der ZKA sei ihr Dachverband, die Beklagte habe sich auf ihrer Homepage mit der Geltung der Empfehlung „Girokonto für jedermann" einverstanden erklärt und sich zudem dem hierzu eingerichteten Beschwerdeverfahrenangeschlossen. Der Beklagte sei zudem die Einrichtung des Girokontos zumutbar, was näher erläutert wird.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung widerspricht die Beklagte der Auffassung des Landgerichts, aus der Empfehlung des ZKA ergebe sich ein Anspruch des Klägers. Weder sei die Empfehlung eine rechtsverbindliche Willenserklärung, noch gebe es eine rechtsgeschäftliche Annahme durch den Gesetzgeber. Eine Vollmacht des ZKA, sie - die Beklagte - zu vertreten, liege nicht vor. Ferner fehle eine Erklärung der Beklagten, die der Kläger als bindende Verpflichtung zur Einrichtung eines „Girokontos für jedermann" hätte verstehen können. Im Übrigen wäre die Einrichtung eines solchen Kontos auch nach den Maßstäben der Empfehlung insbesondere im Hinblick auf die Auflagen des Insolvenzgerichts für sie nicht zumutbar, was näher erläutert wird..

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bremen vom 16.06.2005, Az.: 2 O 408/05, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Ergänzend wird auf die Berufungsschriftsätze der Parteien vom 23.09.05, 08.11.05 und vom 28.11.05 Bezug genommen.


II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, von der Beklagten ein Girokonto auf Guthabenbasis eingerichtet zu bekommen:

a) Entgegen der Ansicht des Landgerichts folgt ein solcher Anspruch nicht aus der Empfehlung des ZKA und einem Einverständnis des Gesetzgebers.
Diese Argumentation geht schon deswegen fehl, weil es sich bei der Empfehlung lediglich um die Bitte des ZKA an die Mitglieder der in ihr zusammengeschlossenen Verbände handelt, sich in Zukunft an diese Empfehlung zu halten. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift „ZKA-Empfehlung: Girokonto für jedermann". Vor allem aber zielte diese Verlautbarung erkennbar nicht darauf ab, stellvertretend für die im ZKA zusammengeschlossenen Verbände oder gar für die einzelnen Banken und Sparkassen gegenüber einem potentiellen Vertragspartner - sei es gegenüber dem Gesetzgeber oder dem an einem solchen Girokonto interessierten. Kundenkreis - rechtsgeschäftlich verbindliche Erklärungen abzugeben. Ob der ZKA zu einer solchen Vertretung bevollmächtigt gewesen wäre, mag daher dahinstehen.

Auch der vom Landgericht für seine- gegenteilige Einschätzung herangezogene Gesetzgeber hat dies nicht anders verstanden, wobei die im angegriffenen Urteil als Beleg angeführten Bundestagsdrucksachen 14/3611 und 1512500 Stellungnahmen der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag enthalten, also keine Verlautbarungen des (Bundes-)Gesetzgebers sind und erst recht keine rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen. Beide Stellungnahmen lassen zudem keinen Zweifel daran, dass auch die Bundesregierung. von einer Empfehlung des ZKA ohne unmittelbare Drittwirkung ausgeht, die einer nicht erzwingbaren Umsetzung durch die Kreditinstitute bedarf (siehe z.B. den abschließenden Vorschlag der Bundesregierung in der Drucksache 15/2500, dort Seite 7:
„Die Bundesregierung empfiehlt, den ZKA aufzufordern,
- auch künftig an der Selbstverpflichtung festzuhalten und für eine weitere konsequente und flächendeckende Anwendung bei allen angeschlossenen Banken zu sorgen).“

Bei der dort teilweise gewählten Bezeichnung der Empfehlung als „Selbstverpflichtung" handelt es sich erkennbar um eine plakative Verkürzung des Sachverhalts, die schon nicht geeignet ist zu belegen, dass die Bundesregierung von einer einklagbaren Verpflichtung der einzelnen Kreditinstitute ausgehe.
Dass der Bundestag von einer gesetzlichen Regelung Abstand nahm und die Bundesregierung in ihrem Bericht vom 11.02.2004 - wie bereits in den vorangegangenen Berichten - empfahl, die weitere Entwicklung abzuwarten, basierte auf der Hoffnung, dass die Kreditinstitute die ZKA-Empfehlung umsetzen würden und hierdurch die Notwendigkeit einer gesetzlichen Normierung entfallen werde, zumal nach Ansicht der Bundesregierung eine gesetzliche Regelung durchaus weitere Probleme schafft (siehe BT-Drucksache 15/2500, S. 7, linke Spalte). Einem Verzicht auf eine gesetzgeberische Regelung kommt aber keine über den Verzicht hinausgehende rechtliche Bedeutung zu.

b) Der Senat kann nicht feststellen, dass sich die Beklagte in einklagbarer Weise zur Einhaltung der ZKA-Empfehlung verpflichtet hätte. Dabei mag dahinstehen, wie eine solche an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete Erklärung. auszusehen hätte, um nicht lediglich die bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zu enthalten:

1. Die Geschäftsbedingungen der Beklagten weisen keine Regelung über das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung auf, sondern setzen diese: voraus.

2. Dass sich die Beklagte dem Verfahren zur „Schlichtung von Kundenbeschwerden im Bereich des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands" angeschlossen- hat, verhilft dem Kläger gleichfalls nicht zu einem Anspruch auf Abschluss eines Girokontovertrages auf Guthabenbasis. Die Beklagte hat sich allerdings mit ihrem Beitritt dieser Schiedsordnung unterworfen. Eine darüber hinausgehende Schlussfolgerung rechtfertigt dieses. Verhalten jedoch nicht. Insbesondere kann ihm nicht die Bereitschaft der Beklagten entnommen werden, ihren Kunden vor Gericht weitergehende Rechte zu verschaffen, als sie den Kunden nach der Schiedsordnung zustünden. Die Schiedsordnung beschränkt aber die Befugnisse des Ombudsmannes darauf, den Parteien des Beschwerdeverfahrens einen schriftlichen Schlichtungsvorschlag zu unterbreiten (III. (4), Satz 1 der Verfahrensordnung). Handelt es sich um die Beschwerde, dass das Kreditinstitut dem beschwerdeführenden Kunden kein Girokonto eingerichtet habe, hat sich sogar der Schlichtungsvorschlag auf die kurz und verständlich zu begründende Feststellung des Ombudsmannes zu beschränken, ob das Kreditinstitut die Empfehlung des ZKA zum Thema „Girokonto für jedermann" beachtet habe (III. (4), Satz 2 der Verfahrensordnung). Die Unterwerfung der Beklagten unter die Schiedsordnung führt somit lediglich dazu, dass sie ihr Verhalten durch einen unabhängigen Dritten an der Empfehlung messen lassen muss und dabei das Risiko einer schriftlichen Missbilligung eingeht. Damit begab sie sich aber nicht der Entscheidung, ob sie trotz der Feststellung, dass sie gegen die Empfehlung verstoßen habe, weiterhin dem betreffenden Kunden ein Girokonto auf Guthabenbasis verweigern werde.

3. Die Präsentation der Beklagten im Internet enthält keine Angaben, die über eine werbende Darstellung ihrer Geschäftstätigkeit und ihrer Leistungspalette hinausgehen.

Soweit sich das Landgericht auf die Rubrik Geschichte" in der Homepage der Beklagten bezieht, ergibt sich bereits aus der Bezeichnung dieser Rubrik, aber' auch aus ihrem Inhalt, dass die Beklagte eine Darstellung ihrer Unternehmens
geschichte vornimmt. Dabei führt sie allerdings neben Angaben über ihren recht
lichen Status sowie zu geschäftlichen und sozialen Aktivitäten auch die Dienstleistungen auf, die sie im Verlaufe von mehr als 120. Jahren jeweils neu für ihre Kunden eingeführt habe. Die Beklagte benutzt also die Darstellung ihrer Firmengeschichte zugleich dazu, ihre ständige Innovationsbereitschaft und Kundenfreundlichkeit werbend herauszustellen.
Dass sie dabei für das Jahr 1995 u.a. die „Einführung des „Girokonto für jeder
mann" aufführt, stellt die werbende Anpreisung dar, sie habe sich ab 1995 an die
betreffende ZKA-Empfehlung gehalten. Dies mag wettbewerbsrechtlich irreführend sein, sollte die Beklagte im relevanten Umfang die Einräumung von Girokonten auf Guthabenbasis entgegen den Vorgaben der Empfehlung verweigert haben. Die Beklagte verbleibt mit dieser Angabe jedoch im Bereich der Werbung und gibt erkennbar kein nur der Annahme bedürfendes Angebot an ihre potentiellen Kunden ab, diesen entsprechend den Vorgaben der ZKA-Empfehlung ein Girokonto auf Guthabenbasis einzurichten.
Ein anderes Verständnis wird auch nicht dadurch nahe gelegt, dass die ZKAEmpfehlung darauf abzielte, einen vom Gesetzgeber erwogenen gesetzlichen Kontrahierungszwang zu vermeiden. Auch der Kunde, dem beim Lesen der Homepage der Beklagten die historischen Zusammenhänge zwischen der Empfehlung und dem Verzicht des Bundesgesetzgebers auf eine gesetzliche Regelung noch präsent sind, kann redlicherweise nicht ignorieren, dass die Empfehlung lediglich ein Appell an die Kreditinstitute war, sich an die in der Empfehlung vorgeschlagene Regelung zu halten (s.o.), und der Gesetzgebers abwarten wollte, ob diese Empfehlung so konsequent - freiwillig - umgesetzt würde, dass kein Bedarf mehr für eine gesetzliche (Zwangs-)Regelung bestehe. Ob die von der Beklagten werbend herausgestellte Bereitschaft, die Empfehlung zu beachten, den Bereich der Werbung überschreitet, lässt sich daher mit einem Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte der Empfehlung und mit dem damaligen Verhalten des Bundesgesetzgebers nicht beantworten.

Die Internetwerbung der Beklagten für „GIREX" enthält neben einer Beschreibung der verschiedenen Angebote und Preise lediglich die allgemeinen Aussagen „Die Sparkasse Bremen bietet das richtige Konto für jeden" und „GIREX Mehr drauf, drin und dran - für Jedermann". Es handelt sich hierbei um die für eine Werbung typische generelle Anpreisung, bei ihr finde jeder Kunde das für ihn passende Konto.

4. Das vom Kläger als Grundsatzentscheidung vorgetragene Urteil des Landgerichts Berlin vom 24.04.2003, 21 S 1/03, beruhte auf der besonderen Konstellation, dass das dort verklagte Kreditinstitut eine - im Urteil nicht wiedergegebene - Erklärung gegenüber der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen abgegeben hatte, welche das Landgericht als „Selbstverpflichtung" gegenüber potentiellen Kunden ansah. Ob dem gefolgt werden kann, mag dahinstehen, denn die Beklagte hat eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben.


Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Vertragsschluss:00/00/0000
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
Back - Next - Edit request
  
           
    Created: 16/01/06. Last changed: 20/03/06.
Information concerning property and copy right of the content will be given by the Institut For Financial Services (IFF) on demand. A lack of explicit information on this web site does not imply any right for free usage of any content.