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ID:35658
Type:U/Judgements
Cite:BGH Karlsruhe, Urteil, rechtskräftig from 06/28/2005, Ref. XI ZR 363/04, WM 2005, 1567; NJW 2005, 2917
Area:SW/Wertpapiere: Aktien, Anleihen, Investmentfonds(Aktien-, Renten-, Misch-,Geldmarktfonds), Aktienbörsen, Broker
Keywords:Anleihen; Aktienanleihen; Wertpapiergeschäfte; Geldanlage; AGB; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Aufklärungspflichten; Schadensersatz
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Reference:XI ZR 363/04
Court:BGH Karlsruhe
State:Urteil, rechtskräftig
Date of judgment:06/28/2005
Found at:WM 2005, 1567; NJW 2005, 2917
Norm:BGB § 793; AGBG §§ 1,2
Basic principle:
Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen fallen nicht in den
Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 305 Abs. 2 BGB).
Fulltext:Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Tilgung einer Aktienanleihe zum Nennbetrag, hilfsweise auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Aufklärung über die Anleihebedingun-gen in Anspruch. Die Klägerin, die bereits zweimal Aktienanleihen von der Beklag-ten erworben hatte, kaufte, vertreten durch ihren Sohn, am 12. Juli 2000 zum Kurs von 98,20 von der Beklagten Teilschuldverschreibungen im Nennwert von 6.000 €. Diese wa-ren Teile einer von der Beklagten selbst emittierten und mit einem Zinssatz von 16% ausgestatteten Inhaberschuldverschreibung. Nach den Inhaberschuldverschreibungsbe-dingungen, die Bestandteil der Global-Inhaberschuldverschreibung waren, war die Aus-gabe effektiver Teilschuldverschreibungen ausgeschlossen. Die Teilschuldverschreibun-gen waren am 21. Juni 2001 zum Nennbetrag zu tilgen, sofern nicht der Kurs der N. -Aktien am Bewertungstag den Basispreis von 52,63 € unterschritt. In diesem Fall hatte die Tilgung durch Lieferung von 19 Aktien je 1.000 € Schuldverschreibung zu erfol-gen. Die Inhaberschuldverschreibungsbedingungen wurden der Klägerin nicht ausgehän-digt. Die Beklagte kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2001 an, daß die An-leihe am 21. Juni fällig und der Einlösebetrag ihrem Konto gutgeschrieben werde. Mit Schreiben vom 22. Juni 2001 teilte sie ihr mit, die Einlösung der Anleihe sei durch Liefe-rung von 114 Aktien zum Kurs von 26,65 € erfolgt. Diese schrieb sie dem Wertpapierde-pot der Klägerin gut. Das Schreiben vom 2. Juni 2001 erklärte die Beklagte in einem wei-teren Schreiben vom 5. Juli 2001 mit einem Programmfehler. Die Klägerin macht gel-tend, mit Schreiben vom 2. Juni 2001 habe die Beklagte die Zahlung des Nennbetrages gewählt. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, die Beklagte habe ihre Pflicht, über die gegebenenfalls durch die Lieferung von Aktien erfolgende Tilgung sowie über den Bewertungstag und den Basispreis aufzuklären, verletzt. Die Beklagte hat demge-genüber vorgetragen, sie habe dem Sohn der Klägerin eine schriftliche Kurzbeschreibung der Anleihe ausgehändigt, die die gewünschten Informationen enthalten habe. Das Land-gericht (WM 2005, 1078) hat die Klage auf Rückzahlung des Nennbetrages in Höhe von 6.000 €, hilfsweise auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 5.952,49 €, jeweils nebst Zinsen und Zug-um- Zug gegen Herausgabe der Aktien, abgewiesen. Das Beru-fungsgericht (BKR 2005, 117) hat ihr mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstel-lung des landgerichtlichen Urteils.


Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte sei aufgrund der Ausübung ihres Wahlrechts zur Rückzahlung des Nennbetrages der Anleihe verpflichtet. Die Inhaberschuldverschreibungsbedingungen, die kein Wahl-recht der Beklagten, sondern die Verpflichtung enthielten, bei Unterschreitung des ver-einbar- ten Basispreises die versprochenen Aktien zu liefern, seien nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden, weil der Klägerin nicht die Möglichkeit verschafft worden sei, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (§ 2 AGBG). Der vorliegende Fall des direkten Verkaufs einer Anleihe vom Emittenten an den Anleger, die sog. Eigen-emission ohne Einschaltung einer Konsortialbank, könne nicht im Interesse der Funkti-onsfähigkeit des Wertpapierhandels vom Anwendungsbereich des § 2 AGBG ausgenom-men werden. Dies sei aus Sicht des Verbraucherschutzes nicht gerechtfertigt und zur Wahrung der Fungibilität der Wertpapiere nicht erforderlich. § 2 AGBG könne problemlos eingehalten werden, indem der Emittent dem ersten Inhaber der Schuldverschreibun-gen deren Bedingungen übergebe. Erst bei der Person des Zweiterwerbers träten Fragen auf, die sich nicht mit der Einbeziehung in den Vertrag gemäß § 2 AGBG lösen ließen. Da die Parteien einen Vertrag ohne Geltung der Inhaberschuldverschreibungsbedingun-gen geschlossen hätten (§ 6 AGBG) und als Rückzahlungsarten die Zahlung des Nennbe-trages und die Lieferung von Aktien in Betracht kämen, sei von einem Wahlrecht der Be-klagten gemäß § 262 BGB auszugehen. Dieses habe die Beklagte mit Schreiben vom 2. Juni 2001 im Sinne der Rückzahlung des Nennbetrages ausgeübt. Diese Erklärung habe sie mit ihrem Schreiben vom 5. Juli 2001 nicht wirksam angefochten, weil kein Irrtum im Sinne des § 119 BGB vorliege. Software-Fehler beträfen nur die Erklärungsvorbereitung und berechtigten nicht zur Irrtumsanfechtung.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Die Klägerin hat aufgrund des Leistungsversprechens, das die Beklagte durch die Ausstellung der Global-Inhaberschuldverschreibung abgegeben hat, keinen Anspruch gemäß § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung des Nennbetrages der Teilschuldver-schreibungen in Höhe von 6.000 €. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Inhaber-schuldverschreibungsbedingungen seien nicht wirksam in den Vertrag zwischen den Par-teien einbezogen worden, ist rechtsfehlerhaft.
1. Ob die Inhaberschuldverschreibungsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind, ist, anders als das Berufungsgericht meint, nicht nach § 2 Abs. 1 AGBG, sondern nach §§ 145 ff. BGB zu beurteilen. Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen sind nach ganz herrschender Meinung Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG (Begr.RegE AGBG BT-Drucks. 7/3919 S. 18; BGHZ 119, 305, 312 und OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379 für Genußscheinbedingungen; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 112 Rdn. 115; Bosch, in: Hellner/ Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 10/159 ff.; Claussen, Ban-kund Börsenrecht 3. Aufl. Rdn. 319; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 9.203; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 13; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 1 Rdn. 13; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsen-recht Rdn. 7.110 und 8.113; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 58; Schwintowski/ Schäfer, Bankrecht 2. Aufl. § 23 Rdn. 103; Stucke, Die Rechte der Gläubiger bei DM-Auslandsanleihen S. 257; Hopt, in: Festschrift Steindorff S. 341, 364; Köndgen NJW 1996, 558, 563; Rozijn ZBB 1998, 77, 92; ebenso für Eigenemissio-nen: Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internatio-nalen Anleiheemissionen S. 232 ff.; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedin-gungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genuß-scheinen S. 41 ff.; Bungert DZWir 1996, 185, 187 ff.; Joussen WM 1995, 1861, 1863 ff.; a.A. Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 71 ff.; Assmann WM 2005, 1053, 1057 f.). Sie fallen aber nach der im Schrifttum (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 9.214 ff.; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/ Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 14 a; Claussen, Bank- und Börsenrecht 3. Aufl. Rdn. 319; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 73 ff.; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 112 Rdn. 115; von Randow, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschrei-bungsrechts S. 25, 46 unter Aufgabe von ZBB 1994, 23, 27 ff.; Hopt, in: Festschrift Steindorff S. 341, 367; Bungert DZWir 1996, 185, 193; a.A. Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 305 Rdn. 27; Than, in: Festschrift für Heinsius S. 809, 831; vgl. aber Than, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts S. 3, 23) ganz überwiegend vertretenen Auffassung nicht in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 AGBG. Dieser Meinung schließt sich der Senat an.
a) Anleihebedingungen fallen zwar nicht unter die Bereichs- und Einzelausnahmen, auf die § 2 Abs. 1 AGBG gemäß § 23 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 1 a, 1 b und Abs. 3 AGBG keine Anwendung findet. § 23 AGBG ist aber trotz seines Ausnahmecharakters nicht abschlie-ßender Natur, sondern läßt weitere Ausnahmen für andere Rechtsgebiete und Vertrags-typen zu (Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 23 Rdn. 1; Stau-dinger/Schlosser, BGB 13. Bearb. § 23 AGBG Rdn. 1; Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 23 Rdn. 3; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 59; a.A. Soergel/Stein, BGB 12. Aufl. § 23 AGBG Rdn. 2).
b) In bezug auf Anleihebedingungen unterliegt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 AGBG mit Rücksicht auf den Willen des Gesetzgebers, den Rechtsverkehr durch § 2 AGBG nicht un-nötig zu behindern (vgl. Begr.RegE AGBG BT-Drucks. 7/3919 S. 13; siehe ferner den vom Bundesministerium der Justiz im April 2003 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts, S. 11) und Teilschuldverschreibungen als fungible Wertpapiere auszugestalten (vgl. § 793 Abs. 1 Satz 1, § 796 BGB), einer funkti-onalen Reduktion.
aa) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, daß Emittenten, die Teilschuldverschreibungen unmittelbar an Verbraucher ausgeben, die Einbeziehungs-voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG durch die Aushändigung der Anleihebedingungen ohne weiteres einhalten können. Dies reicht aber zur Wahrung der Fungibilität der Schuldverschreibungen und damit der Funktionsfähigkeit des Wertpapierhan-dels nicht aus, weil für Rechtsnachfolger der Ersterwerber nicht sicher erkennbar ist, ob die Anleihebedingungen wirksam Vertragsbestandteil geworden sind. In dem bei der Be-wältigung des heutigen Massengeschäfts üblichen und auch im vorliegenden Fall prakti-zierten stü- ckelosen Effektenverkehr (Senat, Urteile vom 30. November 2004 - XI ZR 200/03, WM 2005, 272, 273, für BGHZ vorgesehen, und vom 30. November 2004 - XI ZR 49/04, WM 2005, 274, 275) können die Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGBG in aller Regel nicht durch Übergabe von Wertpapierurkunden, auf denen die Anleihebedingungen abgedruckt sind, eingehalten werden (Grundmann, in: Schi-mansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 112 Rdn. 115; Ulmer, in: Ul-mer/ Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 14 a; Wolf, in: Fest-schrift Zöllner I S. 651, 652 f.). Der Emittent müßte den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGBG auf andere Weise, etwa durch die individuelle Aushändigung der Anleihebedingun-gen an jeden Ersterwerber, genügen. Für spätere Erwerber wäre dann nicht mehr er-kennbar, ob bei der Emission der von ihm erworbenen Teilschuldverschreibung die Vor-aussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG erfüllt worden und die Anleihebedingungen Vertrags-bestandteil geworden sind (Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/ Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 14 a; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 66). Die Ungewißheit spä-terer Erwerber über die Konditionen ihrer Teilschuldverschreibung würde noch dadurch verstärkt, daß es unterschiedliche Emissionsformen mit unterschiedlichen rechtlichen An-forderungen gibt und für die Rechtsnachfolger der Ersterwerber nicht erkennbar ist, in welcher Weise ihre Teilschuldverschreibungen emittiert worden sind. Bei einer Fremdemission werden die Anleihebedingungen Bestandteil des Übernahmevertrages zwischen Emittenten und Konsortialbank (Bosch, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 10/166), auf den § 2 Abs. 1 AGBG gemäß § 24 Satz 1 AGBG nicht an-wendbar ist. Da die Anleihebedingungen durch den Übernahmevertrag Bestandteil des verbrieften Rechts werden, müssen sie in die Verträge der Konsortialbank mit den einzelnen Anlegern nicht erneut einbezogen werden (Begr.RegE AGBG BT-Drucks. 7/3919 S. 18; OLG Frankfurt am Main WM 1993, 2089; Bosch, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 10/166; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 14; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 2 Rdn. 3; Stucke, Die Rechte der Gläubiger bei DM-Auslandsanleihen S. 259). Auch Eigenemissionen gegenüber Unter-nehmern im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB unterliegen nach § 24 Satz 1 AGBG nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGBG. Wäre § 2 Abs. 1 AGBG allein auf Eigenemissio-nen gegenüber Verbrauchern im Sinne des § 13 BGB anzuwenden, könnten in Abhängig-keit von der Einhaltung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG inhaltlich unterschied-lich ausgestaltete Schuldverschreibungen entstehen, die im Handel nicht hinreichend un-terscheidbar wären. Rechtsnachfolger der Ersterwerber blieben über den Inhalt der erworbenen Rechte im Unklaren (Assmann WM 2005, 1053, 1060 f.). Ohne Sicher-heit über die inhaltliche Austauschbarkeit aller Wertpapiere derselben Emission wäre aber die Funktionsfähigkeit des auf schnelle und anonyme Abwicklung des Massengeschäfts ausgerichteten Kapitalmarkts gefährdet (Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 66).
bb) Gegen die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 AGBG spricht auch der Grundsatz, daß die Auslegung von Schuldverschreibungen für alle Stücke einheitlich und ohne Rücksicht auf Besonderheiten in der Person des einzelnen Inhabers erfolgen muß. Dieser Grundsatz, der die Verkehrsfähigkeit der Kapitalmarktpapiere sichern soll (vgl. RGZ 117, 379, 382; BGHZ 28, 259, 263), ist auf die Einbeziehung von Anleihebedingungen übertragbar (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 9.214). Dem Bedürfnis des Kapital-marktes nach einem einheitlichen, standardisierten Inhalt der Wertpapiere widerspräche es, wenn Wertpapiere derselben Emission unterschiedlichen Anforderungen an die Einbeziehung der Anleihebedingungen unterlägen und infolgedessen unter Umständen unterschiedlich ausgestaltete Rechte verbrieften (Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 2 Rdn. 30; Bungert DZWir 1996, 185, 193; von Randow, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts S. 25, 64).
c) Daß § 2 Abs. 1 AGBG auf Anleihebedingungen keine Anwendung findet, ist mit der Schutzfunktion dieser Vorschrift vereinbar.
aa) Der durch die gesetzliche Einbeziehungskontrolle gewährte Schutz wirkt bei Inhaber-schuldverschreibungen und anderen Wertpapieren ohnehin nur zugunsten von Ersterwer-bern. Wenn die Anleihebedingungen wirksam in den Vertrag mit dem Ersterwerber einbe-zogen worden sind, gelten sie auch ohne erneute Einbeziehung gegenüber derivati-ven Erwerbern, weil diese nicht mehr oder andere Rechte als ihre Rechtsvorgänger er-werben können (vgl. Begr.RegE AGBG BTDrucks. 7/3919 S. 18; OLG Frankfurt am Main WM 1993, 2089; Bosch, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 10/166; Ul-mer, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 2 Rdn. 14; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 2 Rdn. 3; Stucke, Die Rechte der Gläubiger bei DM-Auslandsanleihen S. 259; Hopt, in: Festschrift Steindorff S. 341, 366).
bb) Zudem wird der Schutzzweck des § 2 Abs. 1 AGBG, die Offenlegung der Anleihebe-dingungen gegenüber Anlegern, durch die in der Börsenzulassungs-Verordnung und dem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz geregelten kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflich-ten erreicht (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 9.216; Masuch, Anleihe-bedingungen und AGB-Gesetz S. 74; von Randow, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts S. 25, 45 f.; siehe auch Assmann WM 2005, 1053, 1066 f.). Diese Pflichten dienen ebenfalls dem Schutz des Anlegers und werden vom Gesetzgeber insoweit als ausreichend angesehen (vgl. Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz S. 74).
d) Die Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 1 AGBG auf Anleihebedingungen ist, anders als die Revisionserwiderung meint, mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG 1993, Nr. L 95 S. 29 ff.) vereinbar. Die Richtlinie enthält keine ausdrückli-chen Regeln über die Einbeziehung vorformulierter Klauseln in einen Vertrag. Allerdings müssen Vertragsklauseln nach Art. 5 Satz 1 stets klar und verständlich abgefaßt sein. Dies schließt nach der Präambelerwägung Nr. 20 die tatsächliche Möglichkeit der Kennt-nisnahme ein. Diese ist bei Anleihebedingungen aufgrund der kapitalmarktrechtli-chen Publizitätspflichten gewährleistet. Im übrigen bleibt in der Richtlinie die Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes gegen das Transparenzgebot offen. Die Nichteinbeziehung der betreffenden Klausel als Sanktion ist der Richtlinie nicht zu entnehmen (vgl. Münch-Komm/Basedow, BGB 4. Aufl. § 305 Rdn. 49).
2. Da § 2 Abs. 1 AGBG nicht anwendbar ist, genügt für die Einbeziehung der Anleihebe-dingungen in den Vertrag zwischen den Parteien eine zumindest konkludente Einbezie-hungsvereinbarung (vgl. für Fälle des § 23 Abs. 2: Ulmer, in: Ul-mer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG 9. Aufl. § 23 Rdn. 34 und 36 f.; Staudin-ger/Schlosser, BGB 13. Bearb. § 23 AGBG Rdn. 17). Eine solche haben die Parteien ge-troffen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Sohn der Klägerin zwar nicht ausdrücklich auf die Geltung der Anleihebedingun-gen hingewiesen. Der Sohn der Klägerin wußte aber, daß er, wie bereits in früheren Fäl-len, Aktienanleihen erwarb, deren inhaltliche Ausgestaltung sich nur aus den Anleihebe-dingungen ergeben konnte. Diese sind als notwendiger Bestandteil des Vertrages von den Parteien stillschweigend vereinbart worden. Die Klägerin hatte bei Vertragsschluß auch die Möglichkeit, die Anleihebedingungen einzusehen und sich aushändigen zu lassen. Sie hat zwar bestritten, die Kurzinformation der Beklagten erhalten zu haben, aber nicht vor-getragen, die Beklagte habe ihr die Anleihebedingungen während der Vertragsverhand-lungen trotz einer Bitte um Aushändigung vorenthalten.
3. Gemäß § 3 Nr. 2 der somit Vertragsbestandteil gewordenen Anleihebedingungen, die kein Wahlrecht der Beklagten vorsehen, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Tilgung zum Nennbetrag, weil der Kurs der N. -Aktie den Basispreis am Bewertungstag unstreitig unterschritten hat.

III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Mit der Revision der Beklagten gegen ihre Verurteilung aus dem Hauptanspruch ist auch der Hilfsanspruch der Revisionsinstanz angefallen (vgl. Senat, Urteil vom 25. No-vember 2003 - XI ZR 379/02, WM 2004, 121, 123 m.w.Nachw.).
2. Der auf Schadensersatz in Höhe des entrichteten Kaufpreises gerichtete Hilfsanspruch ist unbegründet.
a) Die Parteien haben durch die Aufnahme eines Beratungsgespräches konkludent einen Beratungsvertrag geschlossen (vgl. Senat BGHZ 123, 126, 128 sowie Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Der Klägerin steht aber kein Anspruch we-gen positiver Vertragsverletzung zu, weil von einer Verletzung der Pflichten der Beklag-ten aus dem Beratungsvertrag nicht ausgegangen werden kann. Die Beklagte war zu ei-ner anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senat BGHZ 123, 126, 128). Dazu gehören, soweit erforderlich, eine Exploration des Kunden sowie eine zutreffende, vollständige und geordnete Aufklärung über das Anlageobjekt (Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998 S. 235, 241 ff.).
aa) Im vorliegenden Fall war eine erneute Ermittlung der Anlageziele, der finanziellen Verhältnisse sowie der einschlägigen Erfahrungen und Kenntnisse der Klägerin bzw. ihres Sohnes nicht erforderlich, weil die Klägerin bereits in den letzten eineinhalb Jahren vor Abschluß des streitgegenständlichen Geschäfts zwei Aktienanleihen bei der Beklag-ten erworben hatte, von denen eine erst am 2. Mai 2000 fällig geworden war. Da der erneute Erwerb von Aktienanleihen dem bisherigen Anlageverhalten der Klägerin ent-sprach, war eine Exploration nicht mehr erforderlich.
bb) Die Beklagte mußte die Klägerin auch nicht darüber aufklären, daß die Tilgungsart nicht von der Ausübung eines Wahlrechts der Beklagten abhing, sondern in den Anleihe-bedingungen verbindlich geregelt war. Ein erfahrener Anleger, der - wie die Klägerin - bereits wiederholt Aktienanleihen erworben hat, ist ungefragt nur über risikoerhöhende besondere Umstände aufzuklären, die erkennbar für seinen Kaufentschluß von wesentli-cher Bedeutung sind, etwa weil sie die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Spekulation erheblich beeinträchtigen können, und über die er nach Treu und Glauben und der Ver-kehrsauffassung eine Aufklärung erwarten darf (vgl. Senat BGHZ 117, 135, 143 für Akti-enoptionsgeschäfte). Das Risiko des Anlegers ändert sich aber nicht dadurch, daß der Inhalt der Rückgewährpflicht nicht von einem Wahlrecht der Emittentin, sondern von dem Aktienkurs an einem bestimmten Referenztag abhängt (vgl. Lenenbach NZG 2001, 481, 484). Der Erwerber einer Aktienanleihe muß davon ausgehen, daß sich der Emittent bei einer Unterschreitung des Basiswertes, die nach den im vorliegenden Fall vereinbar-ten Anleihebedingungen zu einer Tilgung durch Lieferung von Aktien führt, auch im Falle eines Wahlrechts für diese ihm günstigere Alternative entscheidet. Die Klägerin macht auch ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe sie nicht über den Bewertungstag und den Basispreis aufgeklärt. Nach dem Vorbringen der Beklagten hat der Sohn der Klägerin eine Kurzbe- schreibung der Anleihe ausgehändigt erhalten. Dieses Vorbringen ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht widerlegt. Das vom Berufungsgericht nach Beweisaufnahme insoweit angenommene non liquet geht zu Lasten der für die Aufklä-rungspflichtverletzung beweisbelasteten Klägerin.
b) Da die Beklagte ihre Pflichten zur Exploration und Aufklärung nicht verletzt hat, hat sie auch nicht gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 WpHG verstoßen. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob diese Vorschrift ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. Senat BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 348; Urteil vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719).
IV. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Fest-stellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung zurückweisen.
Vertragsschluss:00/00/0000
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 23/08/05. Last changed: 21/10/05.
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