FIS Money Advice
 
  
           
 
  
Your Request:
ID(19753)[Back] [Next] [Edit request]
Result No. 1 / 1:
ID:19753
Type:U/Judgements
Cite:BGH Karlsruhe, Urteil from 07/12/1995, Ref. XII ZR 109/94, NJW 1995, 2781 = WM 1995, 1937
Area:VL/Kapitalebens-, Risikolebensversicherung, Rentenversicherung, private
Keywords:Zugewinn; Eheleute; Lebensversicherungen; Rückkaufswert
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Reference:XII ZR 109/94
Court:BGH Karlsruhe
State:Urteil
Date of judgment:07/12/1995
Found at:NJW 1995, 2781 = WM 1995, 1937
Norm:BGB § 1376 ; VVG § 177
Basic principle:1. Die Anwartschaft aus einer Kapitallebensversicherung ist beim Zugewinnausgleich nur dann mit dem sog. Rückkaufswert anzusetzen, wenn am Stichtag (§ 1384 BGB) die Fortführung des Versicherungsvertrags nicht zu erwarten ist und auch durch eine Stundung der Ausgleichsforderung (§ 1382 BGB) nicht ermöglicht werden kann (Abgrenzung zu BGHZ 67, 262 = NJW 1977, 101 = LM § 1374 BGB Nr. 2).
2. Zur Bewertung bei voraussichtlicher Fortführung des Versicherungsverhältnisses (Fortführung von BGHZ 118, 242 = NJW 1992, 2154 = LM H. 11/1992 § 1375 BGB Nr. 15).
Fulltext:Die Parteien heirateten am 24. 2. 1955; am 15. 2. 1985 wurde der Ehefrau (Ag.) der Scheidungsantrag des Ehemanns (Ast.) zugestellt. Das AG - FamG - schied durch Verbundurteil die Ehe der Parteien, regelte den Versorgungsausgleich und verurteilte den Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts sowie eines Zugewinnausgleichsbetrags von 68793,50 DM. Hiergegen legten beide Parteien Berufung ein. Soweit die Rechtsmittel die Ehescheidung, den nachehelichen Unterhalt und den Versorgungsausgleich betrafen, entschied das OLG darüber durch Teilurteil, das inzwischen rechtskräftig ist. Durch Schlußurteil setzte es auf die Berufung des Ehemanns den von ihm an die Ehefrau zu zahlenden Zugewinnausgleich auf einen Betrag von 65073,81 DM herab. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebte der Ehemann die weitere Herabsetzung des von ihm zu zahlenden Zugewinnausgleichs auf einen Betrag von 50549,81 DM. Er vertritt die Auffassung, daß eine von ihm im Jahre 1955 abgeschlossene Kapitallebensversicherung in seinem Endvermögen nur mit dem Rückkaufswert von 52276 DM anzusetzen sei und nicht mit einem Wert von 81324 DM, wie ihn das BerGer. unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
1. Im Revisionsverfahren allein noch streitig ist die Bewertung der Anwartschaft des Ehemanns aus dem von ihm im September 1955 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag in seinem Endvermögen (§ 1376 II BGB). Hinsichtlich seines Anfangsvermögens wurden die Feststellungen des BerGer. innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht angegriffen. Die Versicherungssumme belief sich bei einem Eintrittsalter von 29 Jahren und monatlichen Prämien von 100 DM auf 52282 DM, zahlbar im Todesfall oder mit Ablauf des 1. 1. 1986. Unstreitig sind dem Ehemann daraus im Januar 1986 einschließlich der Gewinnanteile mehr als 83000 DM ausbezahlt worden.
2. Das BerGer. hat seine Auffassung, daß ein Wertansatz mit dem Rückkaufswert am 15. 2. 1985 (§ 1384 BGB) zu gering sei, im wesentlichen wie folgt begründet: Bei dem Rückkaufswert handle es sich um einen bloßen Liquidationswert, der dann nicht maßgebend sein könne, wenn eine Auflösung des Versicherungsverhältnisses kurz vor seinem vertragsmäßigen Ende durch nichts veranlaßt sei und auch extrem unwirtschaftlich wäre. Der Ehemann habe sich am Stichtag nicht in einer finanziellen Zwangslage befunden, die die Notwendigkeit einer vorzeitigen Kündigung des Vertrags hätte nahelegen können. Er habe ein gutes Einkommen gehabt und sei Eigentümer eines unbelasteten Baugrundstücks im Verkehrswert von 260000 DM gewesen, das einer Bank notfalls als Sicherheit für die Finanzierung der Zugewinnausgleichsschuld hätte dienen können. Deswegen sei sein Anrecht aus der Lebensversicherung mit dem wirtschaftlichen Wert zu veranschlagen, den es am Stichtag unter Zugrundelegung einer Fortführung des Vertragsverhältnisses bis zur Endfälligkeit (1. 1. 1986) gehabt habe.
3. Dies hält den Angriff des Revision stand.
a) Es wird bereits überwiegend vertreten, daß beim Zugewinnausgleich der Ansatz des Rückkaufswerts als eines wirtschaftlich ungünstigen Liquidationswerts dann ungerechtfertigt sei, wenn im Einzelfall die vorzeitige Kündigung des Versicherungsverhältnisses am Bewertungsstichtag weder tatsächlich erfolgt noch zwangsläufige Folge des Ausgleichs sei. Hingewiesen wird auf die erheblichen Abschläge aufgrund von § 177 IV VVG (sog. Stornoabzug) bei der Berechnung des Rückkaufswerts, die bei einer Fortführung des Vertragsverhältnisses entfielen. Könne am Stichtag die Fortführung prognostiziert werden, sei daher ein Wert in die Ausgleichsbilanz einzustellen, der sich nicht an dem bloßen Liquidationswert, sondern an einem nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bemessenen Zeitwert ausrichte (vgl. OLG Stuttgart,FamRZ 1993, 192; Soergel/Lange, BGB, 12. Aufl., § 1376 Rdnr. 11; Gernhuber, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 1376 Rdnr. 20; Finke, in: RGRK, 12. Aufl., § 1374 Rdnr. 7; Johannsen/Henrich/Jaeger, EheR, 2. Aufl., § 1376 Rdnr. 11; Baumeister, in: FamGB, § 1376 Rdnr. 44; Schwab, Hdb. des ScheidungsR, 3. Aufl., Teil VII 65; Voit, Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 81ff.; a.A. - ohne nähere Begr. - Staudinger/Thiele, BGB, 12. Aufl., § 1374 Rdnr. 7; Erman/Heckelmann,BGB, 9. Aufl., § 1375 Rdnr. 2).
b) Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des BGH beim Zugewinnausgleich auf den Rückkaufswert einer Lebensversicherung abgehoben wurde (vgl. BGHZ 67, 262 (264) = NJW 1977, 101 = LM § 1374 BGB Nr. 2; Senat, NJW 1981, 1038 = LM § 1374 BGB Nr. 5 = FamRZ 1981, 239; BGH, NJW 1984, 1611 = LM § 1375 BGB Nr. 11 = FamRZ 1984, 666), boten die zugrundeliegenden Fallgestaltungen keinen Anlaß für die Prüfung der Frage, ob der Ansatz eines höheren Wertes in Frage kommt (vgl. auch Voit, S. 81). Von der Entscheidung vom 22. 3. 1984 (NJW 1984, 1611 = LM § 1375 BGB Nr. 11 = FamRZ 1984, 666) ist der Senat bereits in anderem Zusammenhang abgerückt (vgl.BGHZ 117, 70 = NJW 1992, 1103 = LM H. 7/1992 § 1375 BGB Nr. 14); für Anrechte aus Kapitalversicherungen mit gespaltenem Bezugsrecht hat er die Anknüpfung an den Rückkaufswert aufgegeben, und zwar sowohl für das Anrecht des Versicherungsnehmers als auch für das Bezugsrecht des anderen Ehegatten (vgl.BGHZ 118, 242 (247ff.) = NJW 1992, 2154 = LM § 1275 BGB Nr. 15 m. Anm. Voit, FamRZ 1993, 508, und Finger, EzFamR, § 1375 EzFamR. 4).
Für andere Vermögensgegenstände hat der Senat mehrfach ausgesprochen, daß eine liquidationsrechtliche Bewertung zum Stichtag nur gerechtfertigt erscheint, wenn die Liquidation zwangsläufige Folge des Zugewinnausgleichs ist und Abhilfe auch nicht durch eine Stundung gem. § 1382 BGB geschaffen werden kann (vgl. für Grundstücke zuletzt Senat, NJW 1993, 2804 = LM H. 2/1994 § 1376 BGB Nr. 14 = FamRZ 1993, 1182 (1185) m.w. Nachw.; für Unternehmen Senat, NJW-RR 1986, 1066 = LM § 1477 BGB Nr. 4 = FamRZ 1986, 776 (779f.); für Gesellschaftsanteile Senat, NJW 1987, 321 = LM § 1376 BGB Nr. 9 = FamRZ 1986, 1196 (1197)). Es liegt nahe, diesen Grundsatz auch auf die Bewertung der Anwartschaft aus einer Kapitallebensversicherung zu übertragen. Der Rückkaufswert stellt den Betrag dar, den der Versicherer im Falle der vorzeitigen Kündigung des Versicherungsverhältnisses, die jederzeit möglich ist, zu zahlen hat (in § 176 I VVG als "auf die Versicherung entfallende Prämienreserve" bezeichnet). Dabei erhält der Versicherte i.d.R. nur einen Teil der gezahlten Prämien zurück, und zwar um so weniger, je kürzer der Vertrag gedauert hat (vgl.BGHZ 28, 78 (82) = NJW 1958, 1393 = LM § 1822 Ziff. 6 BGB Nr. 1; Tonndorf/Horn, Lebensversicherung von A-Z, 11. Aufl. (1991), Stichwort Rückkaufswert; Voit, S. 47). Grund dafür ist u.a., daß ein Teil der Prämien für die Abdeckung des Versicherungsrisikos sowie der Abschluß- und Verwaltungskosten verbraucht ist; ferner wird je nach Geschäftsplan der gem. § 176 IV VVG zulässige Stornoabzug vorgenommen, der den Versicherer vor den finanziellen Nachteilen einer vorzeitigen Kündigung bewahren und derartigen Vertragsauflösungen generell vorbeugen soll (vgl. für den Versorgungsausgleich Senat,NJW 1986, 1344 = LM § 1587 BGB Nr. 47 = FamRZ 1986, 344; Voit, S. 78). Ein anschauliches Beispiel bietet insoweit ein vom OLG Düsseldorf entschiedener Fall (NJW-RR 1993, 801), in dem bei einer Kündigung nach einer Laufzeit von 43 Monaten von insgesamt 23 430 DM an geleisteten Prämien lediglich 5678,32 DM als Rückkaufswert zu erstatten waren. Der vorliegende Fall, in dem der Bewertungsstichtag kurz vor dem Vertragsende lag, macht ebenfalls deutlich, daß die Wertunterschiede, um die es sich handelt, erheblich sein können (Rückkaufswert rd. 52000 DM bei Auszahlung von rd. 83000 DM nach etwa zehn Monaten). Auch wenn eine Versicherung mit Gewinnbeteiligung abgeschlossen worden ist und sich der Rückkaufswert entsprechend erhöht (vgl. Tonndorf/Horn, Stichwort Rückkaufswert), liegt dieser i.d.R. bei voraussichtlicher Fortführung des Vertragsverhältnisses bis zum vorgesehenen Ablauf deutlich unter dem "wirklichen Wert" (vgl. dazu Senat, NJW-RR 1986, 226 = LM § 1375 BGB Nr. 12 = FamRZ 1986, 37 (40)). Bei Ansatz des niedrigeren Wertes würde deshalb der Zweck des Zugewinnausgleichs, den anderen Ehegatten an dem während der Ehe gemeinsam Geschaffenen angemessen zu beteiligen, nicht selten verfehlt. Der Rückkaufswert ist daher im Anschluß an die oben zu a angeführte überwiegende Meinung nur dann in die Zugewinnausgleichsbilanz aufzunehmen, wenn im Einzelfall bei objektiver Betrachtung die Fortführung des Versicherungsverhältnisses nicht zu erwarten ist und auch durch eine Stundung der Ausgleichsforderung gem. § 1382 BGB nicht ermöglicht werden kann. Handelt es sich darum, daß die weitere Prämienzahlung nicht gesichert erscheint, kann auch die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung gem. § 174 VVG in Betracht gezogen werden, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll ist und zu einem höheren Wert als dem Rückkaufswert führt (vgl. Voit, S. 133).
Der Einwand der Revision, mit einer solchen Handhabung werde das Stichtagsprinzip des Zugewinnausgleichs verlassen, ist unbegründet. Eine auf den Stichtag bezogene Prognose zur Frage der Fortführung des Versicherungsverhältnisses trägt diesem Prinzip hinreichend Rechnung. Im vorliegenden Fall lag bei der Kürze der verbleibenden Laufzeit und dem beträchtlichen Unterschied zwischen dem Rückkaufswert und dem bei Vertragsende zu erwartenden Auszahlungsbetrag auf der Hand, daß der Vertrag nicht vorzeitig gekündigt werden würde, zumal der Ehemann die monatlichen Prämienzahlungen von 100 DM ohne weiteres aufbringen konnte. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, daß das BerGer. den Ansatz des Rückkaufswerts abgelehnt und einen Wert für maßgebend angesehen hat, der unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dem wirklichen Wert der Anwartschaft des Ehemanns am Stichtag zumindest näher kommt.
3. Wie ein solcher Wert zu ermitteln ist, wird verschieden beurteilt. Überwiegend wird vorgeschlagen, auf den Kapitalwert der eingezahlten Prämien abzustellen (vgl. Finke, in: RGRK, § 1374 Rdnr. 7; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1376 BGB Rdnr. 11), teilweise zzgl. bislang angefallener Gewinnanteile (vgl. Soergel/Lange, § 1376 Rdnr. 11; Baumeister, § 1376 BGB Rdnr. 44) sowie abzgl. des Anteils, der auf den gewährten Versicherungsschutz entfällt (vgl. Gernhuber, in: MünchKomm, § 1376 Rdnr. 20). Das OLG Stuttgart (FamRZ 1993, 192) will dem Rückkaufswert die Überschußbeteiligung hinzuschlagen. Voit (S. 85f.) hält eine Bewertung anhand der tatsächlich gezahlten Prämien wegen ihres Risikoanteils für ungeeignet und befürwortet den Ansatz des Betrags, der als Einmalprämie für eine im übrigen der abgeschlosse-
nen entsprechende Versicherung zu zahlen wäre (S. 137; ders.,FamRZ 1992, 1385 (1387)). Bei dieser Methode soll aber von Bedeutung sein, ob der Gesundheitszustand des Versicherten am Stichtag von dem des Durchschnitts in seiner Gefahrengruppe negativ abweicht (S. 135ff.); wegen der dadurch bedingten praktischen Schwierigkeiten wird eine Realteilung empfohlen (S. 138ff.).
Da das Gesetz die Art und Weise der Bewertung nicht regelt, ist es Sache des - ggf. sachverständig beratenen - Tatrichters, im Einzelfall eine geeignete Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden. Es handelt sich letztlich um eine Schätzung im Rahmen des § 287 II ZPO. Diese kann nach allgemeinen Grundsätzen vom RevGer. nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Nach dem Vorangegangenen versteht sich von selbst, daß der Rückkaufswert stets die untere Grenze bildet, dabei aber der Stornoabzug gem. § 176 IV VVG bei prognostizierter Fortführungsmöglichkeit nicht zu berücksichtigen ist. Eine Realteilung, wie sie von Voit (S. 138ff.) vorgeschlagen wird, kann ggf. unter Heranziehung von § 1383 BGB oder in beiderseitigem Einvernehmen in Betracht kommen.
Vorliegend hat sich das BerGer. dafür entschieden, von dem im Januar 1986 tatsächlich ausbezahlten Betrag auszugehen und zur Ermittlung des Zeitwerts am Stichtag einen Abschlag zu machen. Ihm lag eine Auskunft des Versicherers vom 25. 10. 1983 vor, wonach bis Ende 1983 ein Schlußgewinnanteil von 29133 DM erreicht war, der unter der Voraussetzung weiterer monatlicher Prämienzahlungen von 100 DM voraussichtlich um jährlich 909 DM anwachsen würde. Versicherungssumme zzgl. Gewinnanteile stellten sich danach bei Vertragsende auf 83233 DM, was mit dem unstreitigen Vortrag der Ehefrau übereinstimmte, der Ehemann habe tatsächlich "über 83000 DM" erhalten. Den vorzunehmenden Abschlag hat das BerGer. mit dem Gewinnanteil für ein Jahr (909 DM) zzgl. den Prämien für März bis Dezember 1985 (1000 DM) bemessen, so daß sich als maßgebender Betrag 81324 DM (83233 DM - 1909 DM) ergab. Diese Wertermittlung läßt keinen Rechtsverstoß zum Nachteil des Ehemannes erkennen. Es handelt sich um eine vorsichtige Schätzung, die noch den Wert unterschreitet, der in der angeführten Auskunft des Versicherers als schon im Dezember 1983 erreicht bezeichnet wird (81415 DM).
N.
Vertragsschluss:00/00/0000
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
Back - Next - Edit request
  
           
    Created: 30/11/95. Last changed: 30/11/95.
Information concerning property and copy right of the content will be given by the Institut For Financial Services (IFF) on demand. A lack of explicit information on this web site does not imply any right for free usage of any content.