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ID:40349
Type:L/documents; literature
Area:BA/Kreditinstitute,insgesamt - Finanzkonzerne, Zentralbanken, Staatsbanken; KA/Kredit, allgemein
Keywords:Wucher; Ratenkredite; Solvabilitätsverordnung; Kreditvertrag; Sittenwidrigkeit; Zinsen; Zinsen; Inflation
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Author(s):Schulte-Mattler, Hermann
Title:Wucherzins bei Ratenkrediten und die Solvabilitätsverordnung
Source:Wertpapier-Mitteilungen : WM ; Fachorgan für das gesamte Wertpapierwesen. - Frankfurt, M. : Herausgebergemeinschaft Wertpapiermitteilungen Keppler, Lehmann   Related publications
Publishing house:Keppler, Lehmann
Publishing Place:Frankfurt, M. [u.a.]
ISSN:0342-6971
Remark:Gebundene Ausgabe / Zeitschriftenformat im Institut
Extent:S. 1865 -1872.
Publishing date:10/06/2007
Von der Rechtsprechung ist der Grundsatz entwickelt worden, dass ein Kreditvertrag sittenwidrig ist, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis festzustellen ist und der Kreditgeber die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt oder sich leichtfertig der Erkenntnis verschließt, dass der Kreditnehmer sich nur wegen seiner schwächeren Lage auf die drückenden Bedingungen einlässt. In der Bundesrepublik Deutschland wird - wie auch in vielen anderen Ländern - bei Ratenkrediten ein solches auffälliges Missverhältnis (im Folgenden Wucherzins) im Regelfall unterstellt, wenn der Vertragszinssatz den marktüblichen Effektivzins zuzüglich eines laufzeitabhängigen Bearbeitungsentgelts um mehr als 100 Prozent überschreitet, er also etwa beim „Doppelten des Üblichen" liegt. Hinsichtlich des marktüblichen Effektivzinssatzes wurde in der Vergangenheit auf den von der Deutschen Bundesbank ermittelten Schwerpunktzins abgestellt - die Deutsche Bundesbank wurde insofern zur „Hüterin" des Vergleichsmaßstabes für den Wucherzins gemacht. Im Wege der Amtshilfe verlangen Gerichte für entsprechende Verfahren von der Deutschen Bundesbank Auskunft über das „übliche" Zinsniveau zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Als Vergleichsmaßstab zur Festlegung der Wuchergrenze bei Ratenkrediten wurde ausschließlich der von der Deutschen Bundesbank erhobene, als Effektivzinssatz angegebene, „Schwerpunktzinssatz im Ratenkreditgeschäft" herangezogen, genauer der Zinssatz für Ratenkredite mit einem Kreditvolumen in Höhe von 5.000 bis 15.000 € und einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren4. Die diesbezügliche Statistik in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ist aufgrund der Kompetenzverlagerung auf die Europäische Zentralbank (EZB) nach einer Übergangszeit am 30.6.2003 entfallen. Der Schwerpunktzinssatz ist als objektivierter Maßstab für Ratenkredite also nicht mehr verfügbar. Ab 1.1.2003 ist an die Stelle des alten Schwerpunktzinssatzes der „effektive Durchschnittszinssatz für deutsche Ratenkredite an private Haushalte der EWU-Zinsstatistik" mit anfänglicher Zinsbindung von über einem Jahr bis fünf Jahre getreten. Die Zinssätze der Europäischen Zentralbank für Ratenkredite in Europa im ersten Halbjahr 2003 sind im Durchschnitt rund 4 Prozentpunkte niedriger als die Schwerpunktzinsen für deutsche Ratenkredite.
Die EWU-Zinsstatistik ist als Bezugsgröße für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen, die deutschem Recht unterfallen, ungeeignet, da in ihr sehr heterogene Produkte, Kundengruppen, Beträge, Laufzeiten und Absicherungen zusammengefasst werden. Die Statistik ist auch nicht zur Beurteilung von Einzelfällen, sondern für die geldpolitischen Zwecke des europäischen Systems der Zentralbanken konzipiert worden. In der früheren Bundesbankstatistik werden lediglich Ratenkredite über bestimmte Laufzeiten und Beträge erfasst. In der EWU-Zinsstatistik wird hingegen das gesamte Neugeschäft aller Konsumentenkredite - unabhängig von der Höhe der Beträge - mit ihren anfänglichen Zinsbindungsfristen oder Laufzeitenkategorien (Bestände) erfasst, auch wenn die Kredite nicht als Ratenkredite konzipiert sind. Bei den zur Ermittlung des Schwerpunktzinssatzes erhobenen privaten Ratenkrediten der Deutschen Bundesbank handelte es sich zudem weitgehend um unbesicherte Darlehen. Durch den Fortfall von Betragsgrenzen in der EWU-Zinsstatistik werden auch höhervolumige Darlehen erfasst, die häufig besser besichert (wie etwa Finanzierung von Investitionsgütern gegen Sicherungsübereignung) und von daher günstiger sind. Weiterhin fließen in die EWU-Zinsstatistik im Gegensatz zur Bundesbankstatistik Sonderkonditionen mit ein.
Seit der Umstellung auf die EWU-Zinsstatistik besteht in der Kreditwirtschaft und in juristischen Kreisen große Unsicherheit darüber, auf welchen „marktüblichen Vergleichszins" nach dem 20.6.2003 abzustellen
ist, um die Sittenwidrigkeit bei Ratenkrediten festzustellen. Zudem hat sich die Kreditlandschaft seit Beginn der Erhebung der Schwerpunktzinssätze für die Bundesbankstatistik fundamental verändert. Waren vor 20 Jahren nur die jeweiligen regionalen Anbieter auf dem Markt, so hat sich der Markt um den Kreis von Direktbanken, Spezialbanken und weiteren kreditgebenden Stellen erweitert. Im Ergebnis existiert auf der Angebotsseite ein Polypol mit heterogener Preisgestaltung. Da nicht zu erwarten ist, dass die Deutsche Bundesbank dazu übergehen wird, ihre alten Statistiken wieder zu erheben, und die EZB-Zinssätze kaum Rückschlüsse auf das Zinsniveau bei Ratenkredite in der Bundesrepublik Deutschland zulassen, muss eine andere Lösung gefunden werden.
Der Aspekt möglicher Auswirkungen der neuen bankaufsichtlichen Regelungen der Solvabilitätsver-ordnung (SolvV) auf die Beurteilung der Marktüblichkeit des vertraglich vereinbarten Zinssatzes fehlt bislang in der öffentlichen Diskussion und ist Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrages. Mit der SolvV sind die Vorschriften der neu gefassten Bankenrichtlinie9 und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie'0 in nationales Recht umgesetzt worden, womit die gesetzgeberische Tätigkeit zur Umsetzung des neuen Basel-II-Rahmenwerkes" ihren vorläufigen Schlusspunkt gefunden haben dürfte. Der Schwerpunktzinssatz für eine Forderung hat durch die Tatsache, dass er als durchschnittlicher Sollzinssatz gemessen wird, eine enge Verbindung zur bankaufsichtlichen Anforderung eines risikosensitiven Ratings der Kreditnehmer und mithin einer „risikoadjustierten Bepreisung" der Kreditkonditionen, das bislang nur in Ansätzen am Markt durchsetzbar war.
Ausgangspunkt für die risikoorientierte Bepreisung eines Kredites im Rahmen des auf einem internen Rating basierenden bankaufsichtlichen Ansatzes (IRBA) ist eine Rating-Masterskala, die allen Kundenratings eindeutig eine Ausfallrate (Probability of Default; PD) zuordnet. Nach den Vorschriften der SolvV ist ein Ratingsystem zu verwenden, das im klassischen Kreditgeschäft mindestens 7 Stufen enthält. Diese Differenzierung der Ratingklassen ist ein wesentlicher Baustein zur Steuerung der Kreditrisiken und zur Gewinnung eines ausgewogenen Kreditportfolios. Damit können und werden die Institute ihre Kreditkonditionen individuell auf das Kreditrisiko des Schuldners abstellen und nicht mehr, wie in der Vergangenheit vielfach geschehen, nur einen Zinssatz für eine Kreditart festlegen. Damit wird die Spannweite der Sollzinsen in jedem Produktsegment deutlich zunehmen.
Bei der Bestimmung von risikoadäquaten Kreditkonditionen ist die PD eine maßgebliche Komponente neben anderen. Es stellt sich mithin die Frage, wie aus der Sicht eines Institutes ein Kredit so bepreist werden kann, dass die Kreditkonditionen das Risiko des zu vergebenden Kredites angemessen kompensieren. Nach einem kurzen Überblick der diesbezüglichen bankaufsichtlichen Neuregelungen und einem kurzen historischen Abriss zum Wucherzins werden die grundsätzlichen finanzwirtschaftlichen Bestandteile des Kreditzinssatzes erörtert. Empirisches Datenmaterial soll beispielhaft die Größenordnung der Zinsbestandteile verdeutlichen. Aus der finanzwirtschaftlichen Betrachtung der Determinanten eines Kreditzinssatzes und durch Heranziehen der historischen Werte für diese Zinsbestandteile werden Lösungsvorschläge für die Festlegung eines „neuen" Schwerpunktzinssatzes im Ratenkreditgeschäft abgeleitet.
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 19/10/07. Last changed: 21/04/08.
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