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ID:39902
Type:L/documents; literature
Area:SD/Finanzderivate: Zertifikate, Optionen, Futures, hedge-fonds, private equity, Terminbörsen
Keywords:Anleger,private; Geldanlage; Zertifikate; Anlagerisiko; Rendite; Kostenstruktur; Kreditinstitute; Anlageberatung; Provisionen; Umsetzung; EU-Finanzmarktrichtlinie (Mifid); FRUG; Anlegerschutz
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Author(s):Mülbert, Peter O.
Title:Anlegerschutz bei Zertifikaten
- Beratungspflichten, Offenlegungspflichten bei Interessenkonflikten und die Änderungen durch das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) -
Source:Wertpapier-Mitteilungen : WM ; Fachorgan für das gesamte Wertpapierwesen. - Frankfurt, M. : Herausgebergemeinschaft Wertpapiermitteilungen Keppler, Lehmann   Related publications
Publishing house:Keppler, Lehmann
Publishing Place:Frankfurt, M. [u.a.]
ISSN:0342-6971
Remark:Gebundene Ausgabe / Zeitschriftenformat im Institut
Extent:S. 1149 - 1164
Publishing date:06/23/2007
l. Einleitung
Die heutige Vielfalt strukturierter Produkte ist Ausweis der Innovationskraft des deutschen Kapitalmarkts. Auch wenn das deutsche Recht anders als das Schweizer Recht1 keine Definition dieses Begriffs kennt, rechnen hierzu nach verbreitetem Verständnis drei große Produktgruppen: Optionsscheine (Plain Vanilla-, Knock Out- und exotische Optionen), Zertifikate und Aktienanleihen2. In der Sache handelt es sich darum, die Auszahlungscharakteristik eines Finanzprodukts gegenüber dem einfachen Modell der Anleihe - Rückzahlung des vollen Nominalbetrags bei Fälligkeit - mittels zusätzlicher Elemente komplexer zu strukturieren3. Daher mag die Abgrenzung zu Produkten, die primär der (Fremd-)Kapitalbeschaffung dienen, etwa Wandel- und Optionsanleihen, Exchangeables, Mandatory Convertibles, oder die einen (versicherungsähnlichen) Risikotransfer bezwecken, etwa Katastrophen-Derivate und Credit-Linked-Notes, gewisse begriffliche Schwierigkeiten bereiten. Solange deutsches Recht den Begriff des strukturierten Produkts nicht als Tatbestandsmerkmal verwendet, ist dies freilich unerheblich.
Die Produktgruppe Zertifikate weist dabei die bei weitem größte und immer noch zunehmende Produktvielfalt auf. So unterscheidet etwa das Deutsche Derivate Institut e.V.4 bislang folgende Typen: Themen-/Strategie-/Basketzertifikate, Index- und Partizipationszertifikate, Sprint- und outperformancezertifikate, Discountzertifikate, Bonus- und Teilschutzzertifikate, Expresszertifikate, Zertifikate mit 100%iger Kapitalgarantie, sonstige Zertifikate. Zu letzterer Kategorie gehören danach dann etwa Rolling-Discount-Zertifikate, Lock-In-Zertifikate, Rainbow-Zertifikate, Twin-Win-Zertifikate, Power-Zertifikate, Two-Asset-Discount-Zertifikate (Chooser-Zertifikate) und Cheapest-to-Deliver-Zertifikate. Hinzugekommen sind in den letzten Monaten etwa Fondszertifikate als ein (auch) der Konkurrenz von Zertifikateemittenten und Fondsproduzenten geschuldeter Zertifikatetyp. Und auch zukünftig sind weitere Ausdifferenzierungen innerhalb der bekannten Kategorien ebenso wie die Entwicklung ganz neuer Zertifikatetypen zu erwarten. Einen Eindruck von dieser anhaltenden Entwicklung vermittelt etwa die jeden Mittwoch in der Börsen-Zeitung enthaltene Sonderseite „Anlageprodukte und Derivate".
Kritische Stimmen der Finanzindustrie akzentuieren allerdings eher die neue Unübersichtlichkeit als die neue Vielfalt des heutigen Zertifikatekosmos. „ Letztendlich ist ... ein Großteil der Retailanleger und nicht selten auch der Kundenberater angesichts der fehlenden Transparenz über das Gesamtangebot aber auch bezüglich einzelner Titel überfordert, das richtige Produkt für den spezifischen Bedarf zu identifizieren"6. Ein weiterer Punkt kommt hinzu: „Neben Kritikern weisen auch Verfechter von strukturierten Produkten zunehmend auf eine Schwachstelle hin: Die Investmentbanken sind Strukturierer, Risikogeber und Market Maker in einer Rechtseinheit. Diese Interessenbündelung und die unmittelbare Beziehung der Kunden mit der Investmentbank birgt für den Kunden ein hohes Maß an Unsicherheit. Wettbewerb herrscht auf dem Zertifikatemarkt auf Grund der geringen Vergleichbarkeit der Produkte nur sehr eingeschränkt. Ineffizienzen können nur von ausgewiesenen Experten aufgespürt und genutzt werden".
Angesichts derartiger Äußerungen kann nicht überraschen, dass in der Öffentlichkeit ebenfalls Kritik an der Zertifikateindustrie laut geworden ist8. Zu erwähnen ist insbesondere die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen vom Sommer 2006 sowie, besonders vehement, die SdK mit zahlreichen Anwürfen und einer breiten Palette an Reformforderungen9: Angemahnt werden etwa eine Erhöhung der Produkttransparenz durch eine Angleichung der Produktnamen für Zertifikate einer bestimmten Gattung, die Einführung eines vereinfachten Verkaufsprospekts ähnlich wie beim Vertrieb von Investmentfonds, der unter anderem die verschiedenen Kostenfaktoren aufschlüsselt und die Bonität des Emittenten ausweist, Vertriebsbeschränkungen für solche Zertifikate, deren Basiswert an Retailkunden nicht vertrieben werden dürfen (Sin-gle-Hedgefonds), Erhöhung der Handelstransparenz durch Aufnahme der börsenrechtlichen Mistraderegeln in den vereinfachten Verkaufsprospekt und ein Verbot nachträglicher Prospektkorrekturen.
Überarbeitete, mit punktuellen Nachweisen versehene Fassung des beim jährlichen Seminar der IBA Banking Law Regional Subcomittee Germany/Switzerland/Austria am 10. November in Zürich und im Seminar für deutsches und internationales Kreditrecht des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Universität Mainz am 15. November 2006 erstatteten Referats. Siehe § 5 Satz 1 des Schweizerischen KAG: kapitalgeschützte Produkte, Produkte mit Maximalrendite, Zertifikate.
Siehe etwa Deutsches Derivate Institut e.V. unter dem Stichwort Basiswissen (www.ddi.de/ddi/basiswissen. htm?u=0&k=0&seite=produkt-gruppen); ganz ähnlich Präambel der Teilnahmebedingungen des Qualitätssegments für strukturierte Wertpapiere (Smart Trading) der Deutsche Börse AG; dies aufnehmend etwa Wiedemann/Achtert/Betz, Emission und Vertrieb strukturierter Finanzprodukte, 2006, S. 37. Siehe Wiedemann/Achtert/Betz, a.a.O. (Fn. 2), S. 24, die strukturierte Produkte als Kombination einer symmetrischen (z.B. Anleihe) und mindestens einer asymmetrischen (Option) Komponente beschreiben. Der zweite Zusammenschluss von Derivateemittenten neben dem Derivate Forum e.V.
Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die erwähnte Kleine Anfrage zwar deutlich gemacht, dass sie keine besonderen Maßnahmen betreffend Zertifikate für erforderlich halte oder gar plane10. Gleichwohl hat das Derivate Forum e.V. Ende letzten Jahres eine „Freiwillige Selbstverpflichtung von Derivate Emittenten zur Einhaltung von Standards bei Emission, Strukturierung, Vertrieb und Marketing derivativer Wertpapiere" veröffentlicht11. Ferner hat es12 ein Verfahren für die einheitliche Risikoeinschätzung von strukturierten Produkten auf der Basis des Value at Risk (VaR) entwickelt. Für die (meisten der) von seinen Mitgliedern emittierten Zertifikate wird auf der Basis des von diesen gelieferten Datenmaterials zweimal im Monat das Gesamt-Risiko in einem Wert, dem Value at Risk, quantifiziert und in fünf Teilrisiken zerlegt. Das Ergebnis lässt sich anhand der Wertpapierkennnummer (WKN) oder der ISIN über die Homepage des Derivate Forum auch von Privatanlegern abfragen.
Zudem liegt nunmehr das in den vorliegend interessierenden Teilen zum 1. November 2007 in Kraft tretende Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) sowie der Entwurf einer Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens und Organisationsverordnung (WpDVerOV-E)13 vor. Darüber hinaus hat CESR auf Stufe 3 des Lamfalussy-Prozesses, also im Rahmen der gemeinschaftsweiten Harmonisierung der aufsichtsbehördlichen Praxis, soeben eine Empfehlung betreffend die Behandlung der so genannten Inducements14 bzw. Zuwendungen (§ 31d WpHG n.F.) vorgelegt.
Vor diesem Hintergrund ist im Folgenden zunächst zu konturieren, welche (auch) für Zertifikate bedeutsamen Vorgaben derzeit und nach Inkrafttreten des FRUG für die Anlageberatung (III.) und die Offenlegungspflichtigkeit von Interessenkonflikten (IV.) gelten. Hiernach werden dann die Implikationen für das Zertifikategeschäft mit Retailanlegern zu diskutieren sein (V). Vorab ist freilich aus der Perspektive eines Anlegers ein Blick auf die verschiedenen Risikokomponenten von Zertifikaten zu werfen (II.).
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 06/07/07. Last changed: 21/08/07.
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