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ID:16494
Type:L/documents; literature
Area:KS/Sicherheiten, Bürgschaft
Keywords:Bürgschaftsvertrag; Mithaftung; Vermögenslosigkeit; Sittenwidrigkeit; Vermögensverschiebung; Privatautonomie
Countries/Regions:04EUDE/Germany
Author(s):Frey, Kaspar
Title:
Die Haftung mittelloser Bürgen zwischen Verfassungs- und
     Vertragsrecht
Source:Wertpapier-Mitteilungen : WM ; Fachorgan für das gesamte Wertpapierwesen. - Frankfurt, M. : Herausgebergemeinschaft Wertpapiermitteilungen Keppler, Lehmann   Related publications
Publishing house:Keppler, Lehmann
Publishing Place:Frankfurt, M. [u.a.]
ISSN:0342-6971
Remark:Gebundene Ausgabe / Zeitschriftenformat im Institut
Extent:1612-1616
Publishing date:09/07/1996
Mittellose Bürgen sind ein Thema zwischen Verfassungs- und
     Vertragsrecht. Zwischen beiden Rechtsgebieten hat das
     Bundesverfassungsgericht eine Brücke gebaut. Manches Zivilgericht
     hat diese Brücke gern beschritten, mancher Praktiker hat sie gelobt
     oder getadelt, mancher Wissenschaftler hat überlegt, wie man sie
     befestigen könne. Für gute Fundamente benötigt man zunächst einige
     Tatsachen.

     1. Tatsachen
     Banken und Sparkassen verlangen häufig, daß der Kreditnehmer auch
     eine Bürgschaft oder Mitschulderklärung beibringt, und zwar von
     seinem Ehepartner oder seinen Kindern. Zum Teil bemühen sich
     Bankangestellte um ein Gespräch mit den künftigen Bürgen, zum Teil
     schicken sie ihre Formulare auch einfach dem Kreditnehmer zu, mit
     der Bitte, seine Angehörigen unterschreiben zu lassen.
     Ehegattenbürgschaften verlangt selbst die bundeseigene Deutsche
     Ausgleichsbank bei ihren Existenzgründungsprogrammen. Keine dieser
     Banken hat regelmäßig nachgeprüft, ob der Bürge Vermögen oder
     Einkommen hat. Die Banken müssen deshalb davon ausgehen, daß der
     angehörige Bürge oder Mitschuldner im Ernstfall nicht zahlen kann
     und daß er auf Dauer überschuldet ist.

     Einige Gerichte halten solche Sicherheiten deshalb für sinnlos und
     sittenwidrig. Aus Sicht der Banken zeigen solche Bürgschaften
     dagegen, daß die Familie als Wirtschaftsgemeinschaft die spätere
     Rückzahlung glaubt und an einem Strang ziehen wird. Manch ein Bürge
     wird seinen Konsum einschränken, mitarbeiten und den Kreditnehmer
     zur Arbeit motivieren. Es besteht auch immer eine kleine Chance,
     daß ein mittelloser Bürge später gut verdient oder etwas erbt. In
     der Hand einer Bank, die tausende von Bürgen hat, addieren sich auch
     kleine Chancen schnell zu einem sicheren Vorteil.

     Der wichtigste Grund aber sind die Vermögensverlagerungen. Sie
     dienen keineswegs immer dazu, dem Zugriff der Banken auszuweichen.
     Vermögensverlagerungen können auf einem Zugewinnausgleich beruhen,
     auf langjährigen Gehaltszahlungen an den mitarbeitenden Ehepartner
     und dessen Freistellung von der Mitfinanzierung der Familie. Durch
     Vermögensverlagerungen schützen sich viele gegen
     Berufshaftungsrisiken oder nutzen steuerliche Vorteile. So kann ein
     Unternehmer etwa Vorteile bei der Einkommen- und Gewerbeertragsteuer
     erzielen, wenn er das Betriebsgrundstück einem Angehörigen
     übereignet und zurückpachtet. Die Bank kann das mit vertretbarem
     Aufwand nicht überwachen. Das Anfechtungsgesetz ist hier wegen
     seiner kurzen Fristen und subjektiven Voraussetzungen zum Schutz
     der Banken unzureichend.

     Inwieweit diese Gründe dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit vorbeugen,
     wird stark vom rechtspolitischen Vorverständnis des Urteilenden
     geprägt. M.E. steht der Nutzen einer Bank, die kleine Chancen
     sammelt, außer Verhältnis zu dem Schaden des einzelnen Bürgen, der
     riskiert, sich zu ruinieren; die Gefahr von Vermögensverschiebungen
     hingegen rechtfertigt es, Angehörige in die Pflicht zu nehmen. Diese
     Fragen sind aber derart umstritten, daß man den Rechtsfrieden durch
     Argumente allein kaum wiederherstellen kann. Ich möchte deshalb
     zunächst kurz einen praktischen Weg zum Rechtsfrieden diskutieren.

     ...
     6. Zusammenfassung
     Im Fall "für die Akten" hatte der Bürgschaftssenat den Anschein
     erweckt, es könne auf die Unerfahrenheit der Bürgin und auf das
     Bagatellisieren durch den Sparkassenvertreter nicht ankommen. Die
     verfassungsrechtliche Kritik daran hat zu Rechtsunsicherheit im
     Bürgschaftsrecht geführt. Ihr kann durch Vertragsklauseln vorgebeugt
     werden. Viele Zivilgerichte haben begonnen, unter Formulierungen
     wie ungewöhnliche Belastung, mangelndes Eigeninteresse und
     strukturell ungleiche Verhandlungsstärke zu subsumieren. Das ist
     jedenfalls im Bürgschaftsrecht nicht sinnvoll und wird vom
     Bundesverfassungsgericht nicht verlangt. Statt dessen sollte die
     Brücke zwischen Verfassungs- und Vertragsrecht auf 4 Pfeilern gebaut
     werden: auf Art. 2 Abs. 1 GG, dem Sozialstaatsprinzip, einer
     subjektiven Vertragsbewertung und einem Vertrauensschutz für den
     anderen Teil.
Language(s):de/german
Data input:IFF : Institut Für Finanzdienstleistungen
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    Created: 25/09/96. Last changed: 25/09/96.
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