Die großen Chancen, die mit einer funktionierenden und gut
vorbereiteten Währungsunion für den Wohlstand und die Sicherung von
Frieden und Freiheit in Europa verbunden sind, müssen durch eine
klare wirtschafts-, finanz- und stabilitätspolitische Konvergenz
untermauert werden. Im Kern geht es darum, eine dauerhafte
Selbstverpflichtung der Teilnehmerstaaten zu finanzpolitischer
Disziplin zu verankern und durchzusetzen. Hierfür sind im
Maastrichter Vertragswerk zwar Regelungen vorgesehen. Doch gilt es,
diese Mechanismen auch im Lichte der Erfahrungen seit Verabschiedung
des Vertrags auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und zu
präzisieren. Dies wird ein wichtiges Thema der für 1996 vorgesehenen
Regierungskonferenz sein. Die Währungsunion ist überdies eine
Solidargemeinschaft, aber keine "Transfergemeinschaft". Eine im
Finanzausgleich die Bürger der Geberländer finanziell und
psychologisch überfordernde EWU würde schnell die Akzeptanz durch
die Bürger- und u.U. damit auch die Funktionsfähigkeit der EWU -
erschweren.
Eine gemeinsame Geld- und Währungspolitik erfordert auf Dauer auch
eine Einbettung in eine gemeinsame finanzpolitische Philosophie der
Mitgliedstaaten. Auch ist für die Bürger wichtig, daß die
Währungsunion ergänzt wird durch Regelungen bei anderen Fragen des
täglichen Lebens, deren Lösung sie sich von Europa erwarten (innere
Sicherheit, Bekämpfung von Drogenschmuggel und Asylmißbrauch). Warum
sollten die Bürger ausgerechnet von ihrer vertrauten Währung
Abschied nehmen, aber ihre Sicherheit vor der grenzüberschreitenden
Kriminalität im Kleinkrieg nationaler Zuständigkeiten verkümmern
sehen? Dies heißt nicht, einem europäischen Zentralstaat das Wort
zu reden, der mit dem Subsidiaritätsprinzip in Widerspruch stünde.
Vielmehr geht es darum, ein Kraftfeld zu schaffen, das bei
grundlegenden innen- und außenpolitischen Fragen handlungsfähig ist.
Selbst wenn das ESZB einen strikt stabilitätsorientierten Kurs
verfolgen würde, könnte es allein keine stabile Gemeinschaftswährung
garantieren. Auch hohes Verantwortungsbewußtsein in den
Teilnehmerstaaten der Währungsunion ist gefordert, also eine
einheitliche tabilitätskultur, die auch die anderen Politikbereiche
einschließt. Schon beim Auftreten erster Risse im
stabilitätspolitischen Konsens der EWU bestünde die Gefahr, daß die
internationalen Anleger fluchtartig ihre großen Beträge an
hochliquiden und spekulativ einsetzbaren Mitteln aus der
Gemeinschaftswährung abziehen. |