A. Rechtslage
I. Grundlagen
Das Vermögen spielt im Strafrecht eine komplexe Rolle. Es ist Träger
dreier ganz unterschiedlicher, sämtlich aber die Grundlagen des
Strafrechts berührendern Konzepte: Es ist zugleich Rechtsgut, es
ist Medium der kriminellen Bereicherung, und es ist Strafmittel.
Diese Komplexität ist des NAchdenkens wert. Nur die Freiheit des
Menschen bringt es auf ähnlich reiche Bezüglichkeiten; sie ist ja
zugleich Mittel der Strafe und strafrechtlich geschütztes Rechtsgut.
Es wäre verwunderlich, stünden die drei Konzepte nicht in einem
Zusammenhang. Dieser Zusammenhang zeigt sich angesichts der modernen
Entwicklungen der Kriminalpolitik immer deutlicher, und er kann
diese Entwicklungen zu einem Gutteil erklären.
1. Rechtsgut
Das Vermögen in seinem Konzept als Rechtsgut im Strafrecht
systematisiert die sogenannten "Vermögensdelikte", über deren Kreis
und Abgrenzung man sich noch immer nicht einig ist; es bringt sie
immerhin untereinander in eine gewisse Ordnung und grenzt sie von
anderen Deliktstypen ab.
Das Rechtsgut Vermögen gilt zu Recht als "relativ unpräzise", womit
die unbestrittene Tatsache erklärt wird, daß sein Schutz
vergleichsweise lückenhaft ist: Während etwa das Eigentum
strafrechtlich gegen jedwede Beeinträchtigung abgesichert wird,
verlangt der strafrechtliche Vermögensschutz bestimmte, als solche
schon sozialethisch mißbilligte Angriffsmittel (Täuschung, Drohung,
Ausnutzung einer Notlage usw.). Der Schutz des Vermögens im Rechts
ist deshalb auf außerstrafrechtliche Schutztechniken, insbesondere
solche des Zivilrechts, besonders angewiesen.
Dies alles ändert aber nichts daran, daß das Vermögen ohne jeden
Zweifel als ein Gegenstand des Strafrechtsschutzes gelten darf. Und
dieser Schutz ist wohlbegründet. Das Strafrecht schützt im Rechtsgut
Vermögen nicht nur die individuellen Interessen der jeweiligen
Vermögensinhaber; es sichert zugleich auch das allgemeine Interesse
an einer funktionierenden Wirtschaft im weitesten Sinn: Ohne im
großen und ganzen wirksame Strafdrohungen gegenüber Betrug, Untreue
oder Erpressung wären die ökonomischen Grundlagen von Staat und
Gesellschaft erst gar nicht herzustellen. Man wird sagen können,
daß das Vermögen als Strafrechtsgut ganz früh, nämlich schon
zwingend gesetzt ist: mit der Existenz eines Strafrechtssystems und
mit dem Phänomen des Wirtschaftens.
So gesehen gehört das Vermögen zum harten Kern der strafrechtlichen
Rechtsgüterordnung. Es ist ein Individualrechtsgut auf der soliden
Grundlage allgemeiner gesellschaftlicher und staatlicher Interessen,
und es ist notwendiger Bestandteil eines jeglichen ökonomisch
entwickelten und strafrechtlich organisierten Gemeinwesens.
Daraus müßte eigentlich folgen, daß die Beziehung zwischen
Strafrechtssystem und Vermögen die eines entschiedenen und
prinzipiell uneingeschränkten Schutzes ist, wie wir das etwa beim
Schutz der Rechtsgüter körperliche Unversehrtheit oder Ehre
vorfinden. So ist es beim Vermögen aber nicht. Dieses Rechtsgut ist
Gegenstand und Instrument kriminalpolitischer Gestaltungsinteressen.
...
B. Reformpläne
...
IV. Zusammenfassung
Der Gesetzentwurf der Franktion der SPD (Zweites Gesetz zur
Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer
Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität, 2. OrgKG) sieht
eine Reihe nachhaltiger Verschärfungen vor, welche sich auf das
Medium Vermögen konzentrieren; das gilt insbesondere für die
Sicherstellung und die Einziehung von Vermögen sowie für die
Geldwäsche. Das Verbrechenbekämpfungsgesetz hat dagegen seinen
Schwerpunkt nicht beim Vermögen.
Der Entwurf eines 2. OrGKG geht an vielen Stellen über die
bisherigen Traditionen der Verbrechensbekämpfung hinaus und verletzt
sie. Das gilt insbesondere für das geplante
Vermögenseinziehungsgesetz. Seine Vorschläge lassen sich mit der
Unschuldsvermutung, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und
mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes nicht vereinbaren. |