Finanztermingeschäfte, oft auch Finanz-Derivate genannt, haben auf
den nationalen und internationalen Finanzmärkten in den letzten
Jahren außerordentliche Bedeutung erlangt. Es handelt sich bei ihnen,
im Gegensatz zu den Warentermingeschäften etwa über Rohöl oder
landwirtschaftliche Produkte, um Geschäfte über Fianzprodukte. Zu
diesen gehören insbesondere Devisen, Wertpapiere und Edelmetalle
sowie Forderungen und Optionen darauf. Beispiele von
Finanz-Derivaten sind Edelmetalle- und Devisentermingeschäfte,
Optionen auf Aktien oder Schuldverschreibungen sowie Finanz-Swaps.
Die Geschäfte werden überwiegend unter Beteiligung von Banken
abgeschlossen. Vertragspartner sind typischerweise andere Banken,
sonstige Unternehmen oder die öffentliche Hand. Die einzelnen
Kontrakte können kurze Laufzeiten von z.B. wenigen Monaten oder auch
lange Laufzeiten von 10 und mehr Jahren haben. Zwischen jeweils zwei
Kontrahenten existieren oft gleichzeitig mehrere solcher Geschäfte,
die noch nicht abgewickelt sind, aus denen also noch unerfüllte
Verpflichtungen bestehen. Marktteilnehmer und Bankaufsichtsbehörden
sind seit langem daran interessiert, Risiken aus diesen Geschäften
im Interesse der Finanzmärkte und der Solidität der Bankensysteme
zu erfassen und nach Möglichkeit zu begrenzen. Zu diesen Risiken
gehört das der Nichterfüllung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit
der Gegenpartei, also das Bonitätsrisiko, auch Adressenausfallrisiko
genannt. Finanz-Derivate sind, wie alle Termingeschäfte, mit einem
Ausfallrisiko für den Fall der Insolvenz der anderen Vertragspartei
verbunden. Ein Ausfall (Schaden) kann der solventen Partei in Höhe
des Marktwertes des wegen der Insolvenz nicht erfüllten Geschäfts
entstehen.
Der in diesem Zusammenhang üblich gewordene Ausdruck "Netting" kann
unterschiedliche Vorgänge bezeichnen. Einer davon ist die hier
angesprochene Verrechnung positiver und negativer Marktwerte
(Liquidations-Netting oder close-out-netting). Auch dies ist
indessen eine verkürzte, schlagwortartige Beschreibung. Sie bedarf
einer Erläuterung. Zur Begriffserklärung seien einige allgemeine
Hinweise, auch auf Formen von "Netting", die hier nicht thematisiert
werden, vorangestellt.
"Netting" heißt Verrechnung oder Saldierung. Das zugrundeliegende
englische Verb "to net" beruht auf dem Adjektiv "net" (= netto,
bereinigt um Abzugsposten). Man könnte es übersetzen mit: einen
Bruttobetrag zurückführen. "Netting" kann bilateral, also zwischen
zwei Parteien, stattfinden, oder auch multilateral, d.h. in einem
mehrere Parteien berührenden Verfahren oder System. |