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Der Bezugsrechtsausschluß ist eines der aktienrechtlichen Leitthemen
dieser Tage, wenn nicht Jahre. Dies ist in dreierlei Hinsicht
aufschlußreich, zugleich aber auch vor der Struktur des deutschen
Aktienrechts verständlich. Zum einen ist die Problematik am
Schnittpunkt von Aktienrecht im herkömmlichen Sinne und
Kapitalmarktrecht angesiedelt, zwei rechtliche Bereiche, die sich
in letzter Zeit immer stärker vermengen. Zum zweiten stehen gerade
die Fragen des Deutsche-Bank-Urteils des BGH vom 7. März 1994 (WM
1994, 635) zugleich noch in einem weiteren Brennpunkt, nämlich
demjenigen der Internationalisierung der Finanzmärkte. Über das
Mittel bzw. Begleitinstrument des Bezugsrechtsausschlusses schaffen
sich in letzter Zeit viele Unternehmen und Banken die erleichterte
Möglichkeit der Diversifizierung der Eigenkapitalaufnahme im
Ausland. Gerade in den USA allerdings wird dabei aus Gründen der
Diskrepanz der Rechnungslegungsmethoden die Börsennotierung in der
Regel gescheut. Eine seltene Ausnahme ist die Daimler-Benz AG, die
eine Börsennotierung in den USA über des Vehikel des ADR-Programmes
(American Depositary Receipt) durchführte, ohne das Berzugsrecht
auszuschließen, und kürzlich auch ihren US-amerikanischen
"Kapitalgebern" das Bezugsrecht anbot. Das Deutsche-Bank-Urteil
leistet dazu einen wichtigen Beitrag, gestaltet es doch gerade
solche Unternehmensstrategien einfacher. Es steht damit letztlich
im Kielwaser eines gewissen generellen Trends, fremdenrechtliche
Beschränkungen bzw. - allgemeiner - Beschränkungen im
grenzüberschreitenden Wirtschaftsrecht abzubauen und damit den
Rechtsverkehr mit dem Ausland zu erleichtern.
Zum dritten ist die Problematik des Bezugsrechtsausschlusses - sei
es mit oder ohne Auslandsbezug - von den gegenläufigen Tendenzen
des Aktionärsminderheitenschutzes und der Durchsetzungsfähigkeit
des Unternehmensinteresses bestimmt. Dieses Aufeinanderprallen
fundamentaler Interessen ist im Aktiengesetz zwar in den
Grundprinzipien, nicht aber in allen Einzelheiten geregelt. Aus
diesen Gründen können wir in Deutschland in den letzten Jahren wie
zuvor in den USA eine Weiterentwicklung des Aktienrechts durch die
Rechtsprechung beobachten, die seit den Leitentscheidungen Kali +
Salz, Holzmüller und Holzmann eine starke Tendenz des
Minderheitenschutzes erkennen läßt. Insoweit steht das
Deutsche-Bank-Urteil unter dem Stern der "shareholder democracy".
Zu deren Amtsanwalt haben sich in den USA die shareholder activists,
organisiert in lobbying groups (insb. der Council o Institutional
Investors) aufgeworfen, die als Inhaber großer Portfolios die
Mißwirtschaft in der Führungsebene der Kapitalgesellschaften zu
kontrollieren sich auf die Fahnen schrieben, wenn auch die
Hochzeiten vorbei zu sein scheinen. In Deutschland nehmen ähnliche
Funktionen zum einen die Schutzvereinigungen der Kleinaktionäre,
insbesondere die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz
e.V. (DSW), die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V. (SdK)
oder Bundesverband privater Kleinanleger e.V., wahr, welche durch
Anträge bzw. Anfechtungsklagen mit Hilfe der Rechtsprechung
Unternehmensentscheidungen zumindest negativ beeinflussen können,
zum anderen auch die in den Hauptversammlungen aktiver agierenden
institutionellen Anleger, die nicht nur mehr an passive
Vermögensanlage denken.
Schließlich zeigt der Deutsche-Bank-FAll auch erneut, wie die
Wirklichkeit die Gesetzgebungssystematik auf den Kopf stellt.
Während der Gesetzgeber vom Normalfall der ordentlichen
Kapitalerhöhung in der Hauptversammlung ausging, deswegen in den §§
202ff. auf die §§ 182ff. AktG rückverweist und diese Konstellation
auch noch dem Kali + Salz-Fall zugrunde lag, wird heute - aufgrund
der zunehmenden Volatilität der Kapitalmärkte, welche ein flexibles
Management erfordern - das genehmigte Kapital zum Regelfall.
Im folgenden soll das Deutsche-Bank-Urteil und die spezielle Frage
des Bezugsrechtsausschlusses zur Auslandsplazierung analysiert
werden und insbesondere dogmatische Strukturen der Intensität der
gerichtlichen Überprüfung dieser
Bezugsrechtsausschluß-Entscheidungen herausgearbeitet werden. Dabei
soll diese gerichtliche Überprüfung mit der business judgment rule
des US-amerikanischen Rechts parallelisiert werden. Schließlich ist
noch kurz auf die Novellierung des § 186 Abs. 3 AktG einzugehen. |