Auch in jüngster Zeit sind eine ganze Reihe von Entscheidungen des
BGH zum Bürgschaftsrecht ergangen. Einige erscheinen durchaus einer
näheren Erörterung wert. Im folgenden behandelt werden
Entscheidungen des IX. Zivilsenats aus der Zeit ab 1990; ein Urteil
stammt sogar aus dem heurigen Jahr. Manche der hier kritisch
besprochenen Positionen des BGH wurden auch von anderen bereits
abgelehnt oder doch zumindest reserviert zur Kenntnis genommen;
hauptsächlich vom Schrifttum, in einem Fall sogar vom BGH selbst,
nämlich von seinem XI. Senat.
Die wichtigsten Aussagen des BGH
Was sind nun die wichtigsten Aussagen des BGH? Zur
Veranschaulichung, aber auch zum Zwecke einr ersten groben
Würdigung, möchte ich sie zunächst bloß aufzählen:
- Die Bürgschaft ist kein entgeltliches Geschäft, weshalb das
HaustürwiderrufsG (HWiG) auf Bürschaftsverträge keine Anwendung
findet.
- Wurde ein Darlehensvertrag zum Schein mit einem anderen als dem
wirklichen Darlehensnehmer abgeschlossen, so ist der
Bürgschaftsvertrag, der den Namen des Scheinkreditnehmers enthält,
auch dann wegen Formmangels nichtig, wenn der Bürge von den wahren
Gegebenheiten Kenntnis hat.
- Die Übernahme der Haftung in einem Bürgschaftsformular auch für
Bereicherungsansprüche der kreditgewährenden Bank ist sogar dann
wirksam, wenn der Darlehensvertrag wegen überhöhter Zinsen nichtig
ist.
- Eine Bürgschaftsklausel, wonach auch für Verbindlichkeiten außerhalb
der bankmäßigen Geschäftsverbindung gehaftet wird, ist wegen
inhaltlicher Unbestimmtheit unwirksam. Derart unbestimmte
Bürgschaftsverpflichtungen können aber auch bloß teilnichtig sein.
- Eine Bürgschaftsverpflichtung ist wirksam, wenn die Forderungen
und die Personen der zukünftigen Gläubiger bei Übernahme der Haftung
zwar noch offen, wohl aber im nachhinein bestimmbar sind. Solche
Verträge sind auch formgültig.
- Bürgschaftsklauseln können (hier: wegen inhaltlicher
Unbestimmtheit) teilunwirksam sein.
- Bürgschaften vermögensloser naher Angehöriger sind grundsätzlich
nicht sittenwidrig.
- Eine Bürgschaft "auf erstes Anfordern" kann wirksam nur von
Kreditinstituten übernommen werden.
- Gläubiger von Hauptforderung und Bürgschaft kann immer nur ein
und dieselbe Person sein. Eine Abtretung bloß der Rechte aus der
Bürgschaft ist nicht möglich; Abtretung allein der Hauptforderung
führt prinzipiell zum Erlöschen der Bürgschaft. |