Der II. Zivilsenat des BGH hat mit seiner Bulgarien-Entscheidung
internationale Kapitalverkehrsgeschäfte aus dem Regelungsbereich
des Art. VIII Abschn. 2(b) Satz 1 IWFÜ herausgenommen. Der XI.
Zivilsenat des BGH hat die Entscheidung mit seinem Urteil in der
deutsch-österreichischen Wechselsache bekräftigt; das Urteil läßt
zwar offen, ob in dem entschiedenen Fall überhaupt ein
Kapitalverkehrsgeschäft vorlag, nach Ansicht des XI. Zivilsenats
erfaßt Art. VIII Abschn. 2(b) Satz 1 IWFÜ aber jedenfalls keine
Kapitalverkehrskontrollen. Vor dem Hintergrund der beiden
höchstrichterlichen Entscheidungen wird die Praxis bis auf weiteres
davon ausgehen dürfen, daß Maßnahmen eines ausländischen Staates
zur Kontrolle internationaler Kapitalbewegungen vor deutschen
Gerichten in Zukunft nur noch mittels Sonderanknüpfung auf
sachrechtlicher Ebene Bedeutung erlangen können, und zwar unabhangig
davon, ob der ausländische Erlaßstaat Mitglied des IWF ist oder
nicht. Die Entscheidungen des II. und XI. Zivilsenats des BGH kommen
inDeutschland klagenden Gläubigern internationaler
Kapitalverkehrsgeschäfte entgegen, soweit ihre Schuldner im Inland
über Vermögen verfügen, in das vollstreckt werden kann. Hat der
Schuldner dagegen nur im Inland Vermögen, könnte sich die Anerkennung
und Vollstreckung eines im Einklang mit den Entscheidungen des II.
und XI. Zivilsenats ergangengen Urteils eines deutschen Gerichts
im Erlaßstaat als schwierig erweisen. Die Gerichte des ausländischen
Staates könnten nämlich auf den prozessualen Ordre Public
zurückgreifen, um die Anerkennung und Vollstreckung eines solchen
Urteils zu verhindern, das nach ihrer Ansicht auf einer engen
Auslegung und gläubigerfreundlichen Anwendung des Art. VII Abschn.
2(b) Satz 1 IWFÜ beruht. Der englisch-italienische Fall Wilson,
Smithett & Cope Ltd. v. Terruzzi belegt, daß diese Möglichkeit nicht
bloß theoretische iene Gefahr darstellt.
Ob aufgrund der beiden BGH-Entscheidungen die Parteien
grenzüberschreitender Kapitalverkehrsverträge, namentlich
internationaler Finanzierungsverträge, in Zukunft tatsächlich öfter
als bisher einen deutschen Gerichtsstand vereinbaren werden, ist
zweifelhaft. Sowohl der II. Zivilsenat (jedenfalls obiter) aus auch
der XI. Zivilsenat scheinen nämlich an dem in der deutschen
Rechtsprechung fest verankerten weiten Verständnis von dem Begriff
"exchange contracts" ("Devisenkontrakte") festzuhalten. Der Begriff
"exchange contracts" wird zwar durch den nachfolgenden Relativsatz
"which involve the currency of any member" ("welche die Währung
eines Mitglieds berühren") zwar eingeschränkt; im Einzelfall läßt
sich aber trefflich darüber streiten, wann die Währung eines
Fondsmitglieds "berührt" ist. Das größere Hindernis gegen die Wahl
eines deutschen Gerichtsstandes in internationalen
Finanzierungsverträgen war und ist allerdings die Auslegung des
Tatbestandsmerkmals "unenforceable" ("kann nicht geklagt werden")
durch die deutschen Gerichte. Die deutsche Rechtsprechung ist in
diesem Punkt im internationalen Vergleich ausgesprochen
gläubigerfeindlich. Der II. Zivilsenat hat erfreulich deutlich zu
verstehen gegeben, daß die deutsche Rechtsprechung zu Art. VIII
Abschn 2(b) Satz 1 IWFÜ in dieser Hinsicht der Korrektur bedarf.
Es bleibt zu hoffen, daß der BGH bald Gelegenheit erhalten wird,
die Rechtsprechung zum Tatbestandsmerkmal "unenforceable" zu
überdenken. |