1. Praktische Bedeutung
Die Zwangsvollstreckung in Girokonten, die heute als wichtigster
Anwendungsfall des Kontokorrent i.S.d. § 355 HGB gelten, hat in der
Praxis seit jeher eine große Bedeutung. Diese nimmt einerseits mit
der steigenden Zahl von Girokonten, die heute bei Kreditinstituten
zum Zwecke der Abwicklung bargeldloser Zahlungen unterhalten werden,
anderrerseits auch mit den immer weiter ausgedehnten
Pfändungsmöglichkeiten bzw. Pfändungsversuchen zu. Gerade in Zeiten
hoher Insolvenzzahlen werden die Ansprüche des Schuldners aus
Bankverträgen immer stärker zum Zugriffsobjekt pfändender Gläubiger.
Dabei ist insbesondere durch die Finanzverwaltung der Versuch
unternommen worden, sämtliche möglichen Ansprüche des Schuldners
gegen seine Bank aus dem Kontokorrentverhältnis, dem Girovertrag
und Kontokorrentkrediten zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung zu
machen, weshalb diese Pfändungen in der Rechtsprechung und Literatur
zu Recht als "Globalpfändungen" bezeichnet worden sind.
VI. Ergebnis
Ansprüche auf Kreditgewährung im Rahmen eines Giroverhältnisses sind
grundsätzlich unpfändbar. Dies folgt mit der in Rechtsprechung und
Literatur vorherrschenden Ansicht aus der höchstpersönlichkeit des
Abrufs durch den Kreditnehmer, dem entgegen seiner privatautonomen
Entscheidung keine Schuldnerstellung gegenüber seinem Kreditinstitut
aufgedrängt werden kann. Die Kreditinstitute sind daher nicht
verpflichtet, den vom Kunden z.Z. der Pfändung noch nicht
ausgeschöpften Kreditrahmen an den Volstreckungsgläubiger abzuführen.
Entgegen einer verbreiteten Ansicht scheitert die Pfändung auch in
den Fällen, in denen der Schuldner nach Zustellung des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses an die Bank weiter über ads Konto
verfügt. Die Pfändung des Überziehungs- und Dispositionskredits geht
daher grundsätzlich ins Leere und führt, ebenso wie die Pfändung
der Ansprüche aus dem Kontokorrent- und Girovertrag, nicht zu einer
absoluten Verfügungssperre für das Konto des
Vollstreckungsschuldners. Der Kontoinhaber ist durch die Pfändung
nicht gehindert, im debitorischen Bereich weiter über sein Konto
zu verfügen. Eine insoweit klarstellende höchstrichterliche
Entscheidung wäre für die Praxis wünschenswert, steht aber bislang
noch aus. Daher sind die Kreditinstitute zunächst gut beraten, wenn
sie im Falle einer Kontenpfändung das Konto - u.U. im Einverständnis
mit ihrem Kunden - sperren, und diesem höchstens noch
zweckgebundenen Kredit zur Verfügung stellen. |